Eduardo Chillida
"Das a priori und das a posteriori ist für einen vollständigen Idealismus gar nicht zweierlei, sondern ganz einerlei; es wird nur von zwei Seiten betrachtet, und ist lediglich durch die Art unterschieden, wie man dazu kommt."*
Dem Normalverstand, auch dem des idealistischen Philosophen, sobald er das Katheder verlässt, erscheint alles, was er bislang erfahren hat, und alle Erfahrung, die die Gattungsgeschichte im Erbgut gespeichert hat, wie Raum und Zeit und die Kant'schen Kategorien, als auf einmal gegeben und als Prämissen für eine jede weitere Erfahrung, die er noch machen wird; sie alle sind ihm a priori. Dem philosophierenden Verstand aber, der die Ganze Erfahrung analysierend Schritt für Schritt auf ihre allererste Voraussetzung zurückgeführt und hernach womöglich Schritt für Schritt zusammensetzt, sind sie a posteriori.
Man kann es ebenso gut anders herum betrachten. Dem Normalverstand kommt alles, was ihm begegnet, sei es dinglich, sei es logisch, als aus seiner Erfahrung stammend vor; als a posteriori. Der reflektierende Philosoph weiß aber, dass das eine Täuschung ist: Die absichtsvolle menschliche Intelligenz hat alle Bedeutung erst in die Phänomene hineingetragen; sie ist a priori.
*) Erste Einleitung in die Wissenschaftslehre, SW I, S. 447
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