Georges Minne
Ebensowenig lässt sich Moralität durch theoretische Überzeugung erzwingen. ...
Niemand wird überzeugt, wenn er nicht in sich selbst hineingeht und die Zustimmung seines Selbst zu der vorgetragenen Wahrheit innerlich fühlt; welche Zustimmung ein Affekt des Herzens ist, keineswegs ein Schluss des Verstandes. Diese Aufmerksamkeit auf uns selbst hängt ab von der Freiheit, und der Beifall wird sonach frei gegeben, niemals erzwungen.
Es wird dadurch nicht gesagt, dass man frei sich überzeugen könne, wovon man nur wolle; nur von der Wahrheit kann man sich überzeugen und überzeugen wollen; aber selbst von ihr muss man sich nicht überzeugen, sondern das hängt vom guten / Willen ab. Überzeugung ist eine Handlung der Vernunft, welche durch einen Akt ihrer Selbsttätigkeit sich der Wahrheit unterwirft, nicht ein Leiden derselben.
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Grundlage des Naturrechts..., SW III, S. 316f
Jacob Jordaens, Der Bohnenkönig
Es findet sich in uns ein Trieb nach Naturdingen, um dieselben mit unserer Natur in ein bestimmtes Verhältnis zu setzen; ein Trieb, der keinen Zweck außer sich selbst hat, und der darauf ausgeht, sich zu befriedigen, lediglich damit er befriedigt sei. Befriedigung um der Befriedigung willen nennt man bloßen Genuss.
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Grundlage des Naturrechts..., SW III, S. 128f.
Nota. - Das ist merkwürdig; nicht, dass er kein Darwinist ist und an einen Selbsterhaltungstrieb nicht denkt. Sondern dass er den 'Naturtrieb' des Menschen als 'Genuss' und ästhetisch auffasst. Als Schopenhauer bei ihm in der Vorlesung saß, mag ihn ebendies zu seinem heiligen Eifer gegen den "Willen" inspiriert haben, denn den Genuss hat er vor allen andern Dingen sexuell verstanden; so wie sein verspäteter Epigon Freud.
Leben ist Stoffwechsel und Fortpflanzung. Nicht: Erst war 'das Leben', dann hat ihm 'die Natur' Selbst- und Arterhaltung als Programm eingepflanzt. Sondern es
entwickeln sich nur solche Lebensformen, die der Auslese gewachsen sind. Die
Natur ist kein positives, sondern ein kritisches, ein Selektionsprinzip. Unter konstanten
Bedingungen würde jede Lebensform bleiben, wie sie ist. Die Natur ist lediglich
ein Ensemble von Bedingungen; Wasser, Licht und Kohlenstoff gehören dazu.
Wir sehen bei F. stattdessen das Bemühen, das Menschliche positiv und stetig aus 'der Natur' herauswachsen zu lassen, so als wolle auch er ihr keine "Sprünge" zumuten. Doch welchen gedanklichen Vorteil brächte das? Die Tathandlung, durch die ein Ich sich als solches setzt (und das empirische Subjekt aus seinen Naturgrenzen heraustritt), wäre kein wirklicher Anfang mehr, kein spontaner Akt 'aus Freiheit', sondern wäre als 'Trieb' irgendwie in der Naturgeschichte des Menschen materiell vorbereitet und müsste eigentlich nur in seiner Richtung verändert werden. Als begönne im Menschen die unbewusste Vernunft der Natur, zu Bewusstsein zu kommen.
Auch in seiner kritisch-transzendentalen Zeit hat Fichte einigen dogmatischen Bodensatz mit sich geschleppt...
JE
mykenisch, 14. Jhdt. v. Chr.
Die Wissenschaftslehre ist ein Schema des wirklichen Denkens. Als solches ist sie kein Abbild, sondern ein Sinnbild. Keine Gleichung, sondern eine Ungleichung: Sie sagt nicht, was ist, sondern wie man es nehmen muss, und lässt weg, was nicht ins Bild passt.
luise, pixelio.de
Es liegt uns daran, dass man von der Absolutheit des Naturtriebes sich überzeuge. Jedes organisierte Naturprodukt ist sein eigener Zweck, d. h. es bildet, schlechthin um zu bilden, und bildet so, schlechthin um so zu bilden. Es soll damit nicht bloß gesagt werden: das vernunftlose Naturprodukt denkt sich keinen Zweck außer ihm; das versteht sich ganz von selbst, da es ja überhaupt nicht denkt: sondern auch, ein intelligenter Beobachter desselben kann ihm keinen äußeren Zweck beilegen, ohne inkonsequent zu sein und völlig unrichtig zu erklären. Es gibt nur einer innere, keines/weges eine relative Zweckmäßigkeit der Natur. Die letztere entsteht erst durch die beliebigen Zwecke, die ein freies Wesen den Naturdingen sich zu setzen und zum Teil auch auszuführen vermag.
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Grundlage des Naturrechts..., SW III, S. 128f.
Alfred Boucher
Ein Ding ist etwas, und damit ist seine Bestimmtheit zu Ende. Das Ich ist nie bloß, sein Sein bezieht sich unmittelbar und notwendig auf sein Bewusstsein. Diese bloß im Sein und in der Ichheit liegende Bestimmung heißt Gefühl.
Ist sonach das Ich ursprünglich mit einem Triebe als objektiver Bestimmung desselben gesetzt, so ist es notwendig auch mit einem Gefühle des Triebes gesetzt. Und auf diese Weise erhielten wir ein notwendiges und unmittelbares Bewusstsein, an das wir die Reihe des übrigen Bewusstseins anknüpfen konnten. Alles übrige Bewusstsein, die Reflexion, die Anschauung, das Begreifen, setzt eine Anwendung der Freiheit voraus, und diese setzt wieder mancherlei anderes voraus. Fühlend aber bin ich bloß dadurch, dass ich bin. -
Dieses Gefühl des Triebes inbesondere, was wir bloß im Vorbeigehen erinnern, nennt man ein Sehnen, eine unbestimmte (durch keinen Objektbegriff bestimmte) Empfindung eines Bedürfnisses.
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Grundlage des Naturrechts..., SW III, S. 106
Honthorst, Josef in seiner Werkstatt
In dem Resultate unserer Untersuchung ist auch dies nicht außer Acht zu lassen: Die intellektuelle Anschauung, von der wir ausgegangen sind, ist nicht ohne eine sinnliche, und letztere nicht ohne ein Gefühl möglich; und man würde uns gänzlich missverstehen und den Sinn und die Hauptabsicht unseres Systems geradezu umkehren, wenn man uns die entgegengesetzte Behauptung zuschriebe.
Aber ebensowenig ist die letztere möglich ohne die erstere. Ich kann nicht sein für mich, ohne Etwas zu sein, und dieses bin ich nur in der Sinnenwelt, aber ich kann ebensowenig für mich sein, ohne Ich zu sein, und dieses bin ich nur in der intelligiblen Welt, die sich vermittelst der intellektuellen Anschauung vor meinen Augen aufschließt.
Der Vereinigungspunkt zwischen beiden liegt darin, dass ich für mich nur durch absolute Selbsttätigkeit zufolge eines Begriffes* bin, was ich in der ersteren bin. Unsere Existenz in der intelligiblen Welt ist das Sittengesetz, unsere Existenz in der Sinnenwelt ist die wirkliche Tat; der Vereinigungspunkt beider die Freiheit, als absolutes Vermögen, die letztere durch die erstere zu bestimmen.
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System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 91
*) [Das heißt bei F. nicht mehr als: die Vorstellung von einem Zweck.]
Piccirilli, Maine
Wer bin ich denn eigentlich, d. i. was für ein Individuum? Und welches ist der Grund, dass ich der bin? Ich antworte: Ich bin von dem Augenblicke an, da ich zum Bewusstsein gekommen, derjenige, zu welchem ich mich mit Freiheit mache, und bin es darum, weil ich mich dazu mache.
Mein Sein in jedem Momente meiner Existenz ist, wenn auch nicht seinen Bedingungen nach, doch seiner letzten Bestimmung nach, durch Freiheit. Durch dieses Sein ist hinwiederum die Möglichkeit meines Seins im künftigen Momente beschränkt (weil ich im gegenwärtigen Momente das bin, so kann ich im künftigen Momente manches nicht sein); aber welches unter allem noch Möglichen im künftigen Momente ich wählen werde, hängt abermals ab von der Freiheit. Durch diese allein wird aber meine Individualität bestimmt; durch dieses alles werde ich materialiter der, der ich bin.
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Grundlage des Naturrechts..., SW III, S. 222
Die Schwierigkeit war eigentlich, ein Wollen zu erklären ohne Erkenntnis des Objekts. Der Grund der Schwierigkeit lag darin, dass das Wollen nur betrachtet wurde als ein empirisches, als ein Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Diese Behauptung ist nun geleugnet worden; es ist ein Wollen postuliert worden, das die Erkenntnis des Objekts nicht voraussetzt, sondern schon bei sich führet, das sich nicht auf Beratschlagung gründet; und dadurch ist nun die Schwierigkeit völlig gehoben.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 143
Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.
Die reale Tätigkeit ist beschränkt durch unser Wollen, durch die Individualität, darüber können wir hinausdenken, und denken [uns] vernünftige Wesen außer uns hinzu. Die ideale Tätigkeit ist beschränkt, und unser Zustand kann nur allmählich, und zwar in bestimmten Maßen aufgefasst werden. Durch die letzte werden wir etwas für uns, durch die erste bestimmen wir uns durch Vernunftwesen außer mir. Dieses in die äußere Anschauung aufgenommen, gibt uns die Sinnenwelt. Das Mannigfaltige in mir und das Mannigfaltige außer mir stehen in Wechselwirkung.
Jedes Einzelne in mir wird bestimmt durch das Übrige in mir, und umgekehrt. Alles kommt aber aus dem absoluten Sein, und aus dem absoluten Beschränktsein im Auffassen dieses Seins. In realer Rücksicht bin ich nicht alles, in idealer kann ich, was ich bin, nicht auf einmal auffassen.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 156
Nota. - Das absolute Sein ist die als ein Sein aufgefasste Tätigkeit = Ich. Angeschaut wird aber stets nur eine bestimmte Tätigkeit = Handeln. Sie wird bestimmt, indem sie durch ihren Gegenstand beschränkt wird.
JE
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Die Reflexion ist schlechthin frei in der Wahl des Mannigfaltigen, auf welches sie geht, es ist kein absoluter Grund da, weshalb sie dies oder jenes wähle. ... /
Das Reflektierende ist Ich, und zwar ideales Vermögen, welches durch die oben aufgezeigte Bestimmung des realen Ich nicht bestimmt ist. Aber es ist Charakter der Ichheit, sich schlechterdings selbst zu bestimmen, absolut erstes, nie zweites zu sein; die Reflexion ist also absolut frei. Diese absolute Freiheit der Reflexion ist selbst etwas Übersinnliches. In der Gebundenheit, nur auf Teile und nur auf solche Teile reflektieren zu können, tritt erst das Sinnliche ein. Hier ist der Vereinigungspunkt der sinnlichen und der übersinnlichen Welt angegeben.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 156f.
Nota. - Die reale Tätigkeit, das wirkliche, lebendige Vorstellen, ist nur 'an sich' frei, nämlich insofern es von nichts Fremdem bestimmt ist; aber nicht 'für sich' frei, insofern es noch gar nicht bestimmt ist. Indem es sich reflektierend selbst-bestimmt, wird es ideale Tätigkeit, denn erst hierin wird es für sich frei. Erst hier wird es ein Ich.
Merke: Die Wissenschaftslehre schafft kein neues Wissen, sondern macht lediglich das Mysterium unserer Freiheit verständlich.
JE
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Der gestrige Eintrag gehört unter die Rubrik Fichtes dogmatische Wendung; und zwar in dem Sinne, dass es sich nicht eigentlich um eine Umkehr handelte, sondern um das vom Eingreifen Jacobis in den Atheismusstreit veranlasste Überhandnehmen einer unkritischen, dogmatischen Unterströmung in Fichtes Vorstellung von 'Vernunft'.
Bemerkenswert ist immerhin Fichtes beharrliche Weigerung, einen Bruch oder eine Wendung in seiner intellektuellen Laufbahn zuzugeben: Er habe allezeit ein und dasselbe gelehrt. Nun muss man ja nur die Bücher aufschlagen, um zu sehen, dass das nicht stimmt, nämlich nach dem Wortlaut zu urteilen. Dass er sich dabei allezeit was anderes gedacht hat, wird ihm niemand widerlegen können. Aber man kann ihm nachweisen, dass er sich nicht ohne Widerspruch etwas anderes hat denken können.
Der "große Zweck" der Vernunft ist nach Fichte: Übereinstimmung herbeiführen; offenbar nicht erst Übereinstimmung der vernünftigen Wesen untereinander, sondern schon ihre Übereinstimmung mit... der Natur. So jedenfalls beschreibt er es in seinem kuriosesten Text zu diesem Thema: Vernunft ist ursprünglich 'von Natur' schon immer dagewesen, am Anfang in einem mythischen "Normalvolk", das auf einer Insel der Seligen in einem Meer von Rohheit, Blindheit und Unvernunft im friedlich Einklang mit sich und seiner kleinen Welt gelebt hat, bis es eines Tages wie Wielands Abderiten auseinandergerissen und über die Erde verstreut wurde; wo es nun allenthalben, ein Jeder an seiner Stelle, die Keime zur Vernünftigkeit in die ganze Gattung tragen muss. Denn der Zweck der Menschheit - nota: den müsste doch jemand gesetzt haben? - sei nicht: vernünftig sein, sondern (aus Freiheit) vernünftig werden.
Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters, aus denen diese Mythe stammt, erschienen 1806, und man mag ihm glauben, dass ihm diese Geschichte schon vorgeschwebt hätte, als er 1798 die Sittenlehre vortrug. Aber ausgesprochen hat er es damals nicht, denn noch meinte er, in der Wissenschaftslehre die Transzendentalphilosophie vollendet zu haben, indem er sie radikalisierte und Kant von seinen Halbheiten befreite. Die waren aber capita mortua der Leibniz'schen Tradition gewesen. Seine eigene Halbheit war dagegen ein Restbestand von Spinozas Deus sive Natura, und Jacobi tat nicht Unrecht, als er ihn an seine Herkunft erinnerte. Aber er hat nicht den gebotenen Schluss daraus gezogen.
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Meine Natur ist nicht die ganze Natur. Es gibt noch Natur außer ihr, und diese wird eben gesetzt, um die Bestimmung meiner Natur zu erklären. Nun ist meine Natur beschrieben als Trieb; dies muss aus der übrigen Natur erklärt werden und wird ursprünglich wirklich aus ihr erklärt, oder mit anderen Worten, die Bestimmtheit meiner Natur zu einem Triebe ist Resultat der Bestimmtheit der ganzen Natur.
Mir kommt ein Trieb zu, insofern ich Natur bin, nicht inwieweit ich Intelligenz bin, denn die Intelligenz als solche hat, wie wir gesehen haben, auf den Trieb nicht den mindesten Einfluss. Mit dem Begriffe der Natur sonach ist der Begriff des Triebes synthetisch vereiniget, und aus dem ersteren der letztere zu erklären; sonach wird alles, was durch den ersten Begriff gedacht wird, gedacht als Trieb. Alles sonach, was als Natur gedacht wird, wird gedacht als sich selbst bestimmend.
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Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 113
Nota. - Das ist bedenklich. Unter Trieb versteht er die grundsätzliche, jederzeitig Disposition des Ich zur Selbsttätigkeit, durch welche es ein Ich überhaupt erst wird; Tätigkeit als Sein angeschaut.
Faktisch ist es freilich das, was ein menschliches Individuum von den Individuen aller andern Gattungen unterscheidet - sofern es sich dazu entschließt. Genauer gesagt, dass es sich dazu entschließen kann, ist, was es faktisch von Tieren und Pflanzen unterscheidet. Es ist nicht Natur, sondern markiert den Austritt des Menschen aus den Grenzen der Natur. Man darf sogar sagen, unsere Vorstellung von 'Natur' beruht geradezu auf ihrer Entgegensetzung zum Faktum der menschlichen Selbsttätigkeit und Selbstbestimmbarkeit.
PS. Was ansonsten "Naturtrieb" heißen könnte, ist nichts anderes als die Einrichtung einer jeden Gattung in ihrer ökologischen Nische alias 'Umwelt'. Was da 'treibt', ist Stoffwechsel und Fortpflanzung - zum Zwecke der Erhaltung in statu. Und wenn einmal mehr dabei herauskommt, war es das zufällige Spiel von Mutationen und ihren Bewährungen.
JE
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Hier ist etwas Unbegreifliches; und es kann nicht anders sein, weil wir an der Grenze aller Begreiflichkeit, bei der Lehre von der Freiheit in Anwendung auf das empirische Subjekt, stehen. Nämlich, solange ich auf dem höheren Reflexionspunkte noch nicht stehe, ist er für mich gar nicht da; ich kann sonach von dem, was ich sollte, keinen Begriff haben, ehe ich es wirklich tue. Dennoch bleibt es dabei, dass ich es absolut tun soll; nämlich ich soll es in Beziehung auf / einen anderen Beurteiler, der diesen Punkt kennt, und in Beziehung auf mich, wenn ich ihn einst kennen werde.
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Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre,SW IV, S. 181f.
Nota.
Das ist der verbindende Absatz zwischen dem gestrigen Eintrag und dem vom Vortag. Solange ich 'auf dem höheren Reflexionspunkt noch nicht stehe', ist die Regel der größten Glückseligkeit der natürliche Lebenszweck und ist dem empirischen Subjekt moralisch nicht anzulasten. Anzumuten ist ihm allerdings, auf diesem Standpunkt nicht stehen zu bleiben. Es folgt notwendig die Einsicht, dass das Wesen der Ichheit selbstbestimmen ist. Ob aus der logischen Einsicht eine praktische Lebensführung wird, bleibt immer noch eine Sache der freien Wahl. Die aber ist unbegreiflich.
JE
Anders kann es auch gar nicht anders sein; denn ein Akt der Freiheit ist schlechthin, weil er ist, und ist ein absolut Erstes, das sich an nichts anderes anknüpfen und daraus erklären lässt. Lediglich daher, dass man dies nicht bedenkt, entstehen die Schwierigkeiten, welche so viele antreffen, wenn sie an diesen Punkt kommen.
Begreifen heißt, ein Denken an ein anderes anknüpfen, das erstere vermittelst des letzteren denken. Wo eine solche Vermittlung möglich ist, da ist nicht Freiheit, sondern Mechanismus. Einen Akt der Freiheit begreifen wollen, ist also absolut widersprechend. Eben wenn sie es begreifen könnten, wäre es nicht Freiheit.
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Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 182
Doré, Gargantua
Maxime wird etwas erst dadurch, dass ich, empirisches Subjekt, mit Freiheit es mir zur Regel meines Handelns mache.
Welches könnte nun auf dem Reflexionspunkte, auf welchem wir hier den Menschen verlassen haben, seine Maxime sein? Da noch kein anderer Trieb im Bewusstsein vorkommt als der Naturtrieb, und dieser letztlich auf Genuss ausgeht und die Lust zur Triebfeder hat, so kann die Maxime keine andere sein, als folgende: Was der Intension und Extension nach die größte Lust versprich, das muss man wählen; kurz - die Maxime der eigenen Glückseligkeit. Diese letztere mag freilich wohl zufolge der sympathetischen Triebe auch mit in fremder Glückseligkeit gesucht werden; aber es bleibt doch immer die Befriedigung dieser Triebe und die Lust, die aus derselben entsteht, sonach die eigene Glückseligkeit, letztes Ziel des Handelns. Der Mensch wird auf dieser Stufe ein verständiges Tier.
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Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 180
Ich denke, dieses Blog hat einige Leser gefunden, die meine einfache Schreibweise schätzen, weil sie einen Zugang zu philosophischen Gedankengängen gibt, der sonst oft eher erschwert als erleichtert wird. Offenbar gibt es aber inzwischen auch einige regelmäßige Besucher, die auf didaktische Rücksichtnahme nicht angewiesen sind.
Ich wähle die einfache Art der Darstellung nicht, weil sie einfacher zu verfassen wäre (ist sie nicht).
Vielmehr: Ich bin kein Schulphilosoph, mich beschäftigt Philosophie nach ihrem "Weltbegriff". Für die schulmäßigen Mikrologismen fehlen mir die Geduld und das Talent. Zur Strafe gerate ich ab und zu auf Glatteis. Aber da kommen einem gelegentlich auch gute Einfälle.
Nur ob sie gut sind, kann man selber nicht immer einschätzen.
Ich hoffe zwar stets, dass ich meinen Gewährsmann Fichte richtig verstehe. Doch im Zweifel ist mir an meiner eigenen Erkenntnis mehr gelegen als an philologischer Korrektheit. Ich muss nur Acht geben, dass ich mir nicht die Zügel schießen lasse, und da ist mir dann der wohlwollend kritische Blick des Sachkenners sehr willkommen. Die Leser, die dies Blog regelmäßig verfolgen, wollen sich bitte nicht zurückhalten, wenn ihnen das eine oder andere des Kommentars bedürftig erscheint.
Ich verspreche Ihnen auch, keine frechen Antworten zu geben.
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Das ganze Ich ist bestimmt durch den Trieb der absoluten Selbsttätigkeit, und diese Bestimmung ist es, welche in diesem Denken [der WL] gedacht wird. Aber das ganze Ich lässt sich nicht begreifen, und dadurch auch nicht unmittelbar eine Bestimmung desselben. Nur durch wechselseitige Bestimmmung des Subjektiven durch das Objektive, und umgekehrt, lässt der Bestimmtheit des Ganzen sich annähern; und diesen Weg wollen wir beschreiten.
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Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 48
Nota. - Schon der absolute Trieb der Selbsttätigkeit lässt sich nicht begreifen - weil sich Selbsttätigkeit nicht begreifen lässt. Sie gehören zu den Voraussetzungen der WL, die in der WL nicht erkärt werden, weil sie auf ihnen beruht; sie sind Postulat.
JE
Nota.Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE
Die wichtige Einsicht, die wir dadurch erhalten, ist folgende. Wissen und Sein sind nicht etwa außerhalb der Bewusstseins und unabhängig von ihm getrennt, sondern nur im Bewusstsein werden sie getrennt, weil diese Trennung Bedingung der Möglichkeit alles Bewusstseins ist, und durch diese Trennung entstehen erst beide.
Es gibt kein Sein, außer vermittels des Bewusstsein, so wie es außer demselben auch kein Wissen als bloß Subjektives und auf sein Sein gehendes gibt. Um mir nur sagen zu können: Ich, bin ich genötigt zu trennen, aber auch nur dadurch, dass ich dies sage und indem ich es sage, geschieht die Trennung. Das Eine, welches getrennt wird, das sonach allem Bewusstsein zu Grunde liegt, und zufolge dessen das Subjektive und Objketive im Bewusstserin unmittelbar als Eins gesetzt wird, ist absolut = X; kann, als einfaches, auf keine Weise zum Bewusstsein kommen.
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Das System der Sittenlehre nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, SW IV, S. 5
Nota.Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE