Lieber
Leser, sollten Sie, wie ich hoffe, außer in dieses Blog auch gelegentlich in
meine Philosophierungen schauen, wird Ihnen
aufgefallen sein, dass ich den Begriff 'Begriff' dort anders gebrauche als
Fichte in der Wissenschaftslehre.
Dort beginnt
das Bewusstsein faktisch mit dem 'Gefühl',
und das ist nichts anderes der Reiz,
den die Nerven- enden dem Zentrum melden. (Nur
bis hierhin reicht die faktische, reale
Voraussetzung der Wissenschaftslehre, ab da beginnt das transzendentale Schema:) Dessen Bewertung als so oder anders, als süß oder sauer, geht
be- reits über das Fühlen hinaus: ist Anschauung,
nämlich tätiges Verhalten in so
fern, als es bestimmend ist. Nicht
aber die Tätigkeit des Bestimmens
selbst, sondern erst ihr Produkt wird
'bewusst' in specie: als eine 'Qualität',
als Süße, Säure, Bitterkeit… Diese sind Begriffe:
Tätigkeiten 'als Ruhe vorgestellt'.
Etwas, das
vorgestellt wird, ist nicht 'an sich' Begriff oder Anschauung: Das sind sie beide
nur in ihrem je- weiligen Verhältnis zu
einander; als das, worauf reflektiert wird, im Unterschied zur Tätigkeit
des Reflektierens selbst; sukzessive Stufen der Reflexion. Denn Tätigkeit kann nur 'angeschaut' werden, 'begriffen'
werden kann nur ihr Produkt. (Indessen
lässt sich jede Tätigkeit, die als solche nur angeschaut werden kann, durch
Abstrak- tion aus ihrer Verlaufsform in der Zeit herauslösen und 'als Ruhe
vorstellen'; dies freilich nur durch einen Kraftakt der Vorstellung.)
In meinen Philosophierungen ist ein 'Begriff'
jedoch der bestimmte Platz, den er im hypothetisch angenomme- nen Raum der
festgestellten und einander wechselseitig einschränkenden Bedeutungen einnimmt.
Mit andern Worten, während in der Wissenschaftslehre das System der Vernunft in seinem Werden dargestellt wird, ist es hier als schon-geworden vorausgesetzt.
Corollarium
'Begriff' ist
in der WL noch immer Bild – eine
individuelle Vorstellung = Vorstellung eines Individuums. Er ist noch nicht Symbol – Zeichen für eine Vorstellung, das als solches anderen Individuen mitteilbar und mit an- dern Symbolen verknüpfbar wäre. Eine (neue)
Vorstellung lässt sich (durch fortschreitendes Bestimmen) immer nur actu
aus einem bestimmten Vorstellen hervorbringen,
aber nicht logisch aus ('als ruhend angeschauten') Vor- läufern "ableiten".
Es muss immer dieser nächste Schritt
getan werden, damit eine weitere Vorstellung ent- steht, die ihrerseits
begreifbar ist.
Wo F. von Begriff redet, ist dessen Symbolcharakter noch nicht
(mit)gemeint, sondern lediglich die Dimension der Gefasstheit; nicht die Dimension der Mitteilbarkeit. Sondern gewissermaßen der Begriff an sich, nicht für Andere; realistisch besehen: auch nicht für mich.
aus e. Notizbuch
Lehrsatz
Begriff ist die
jeweils zweite semantische Ebene. – Begriff ist in der WL stets das
Reflexionsprodukt in seinem Verhältnis zu der Anschauung, auf die sich die
Reflexion bezog. Das gilt schon für die erste
Anschauung selbst, insofern sie auf die absolut
erste semantische Ebne reflektiert: das "Gefühl"; und darunter versteht F.
dasselbe wie Locke unter sensus und
die zeitgenössische Hirnforschung unter einem physiologischen Reiz. Im Verhältnis zu "Gefühl" ist Anschauung
"Begriff".
Beide sind
nicht gleichrangig. Dies ist die niedere, jenes die höhere Stufe. Es ist
dasselbe Verhältnis wie das von Sein und Geltung, von Stoff und Form. Nicht an
sich. Doch im Bewusstsein ist eine nicht ohne die an- dere da; beide
gleichzeitig. Sein und Geltung, Stoff und Form sind nur Vorstellungsweisen.
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