Dienstag, 28. Februar 2017

Der Hauptgedanke: Alles Bewusstsein ist nur Selbstbewusstsein.


Dalí

Zweite Haupthälfte dieses Paragraphen

Wir stehen bei der Darstellung des Hauptgedankens: Alles Bewusstsein ist nur Selbstbewusstsein. Dazu ist ge- netisch nachzuweisen, dass und wie aus dem Bewusstsein unserer selbst alles Bewusstsein auf dem gewöhnli- chen Gesichtpunkt fließe. Wir //192// haben vorgearbeitet: Das Ich wird gedacht dadurch, dass Sein und Denken als absolut identisch gedacht oder vereinigt werden (Idealität und Realität sind eins); nicht ein Sein und Denken des Ich werden als ein gedacht, sondern durch ndie Vereinigung des Seins mit dem Denken kommt das Ich selbst zu Stande. Denn das Ich ist ja noch nicht vorqusgesetzt, sondern wir wollen erst seiner Entstehung zu- sehen. Dieses ganze Bewusstsein und Ich, dieses beides sind ganz dasselbe, nur angehen von zwei Seiten; im gemeinen Bewusstsein ist es Ich, in der transzendentalen Philosophie [ist es] Identität des Seins und des Den- kens.

"Diese Synthesis nun ist das Bewusstsein", dies wollen wir beweisen. Dafür ist schon folgendes geschehen: Jenes Synthetisieren des Seins und Denkens ist zugleich ein Analysieren, und dadurch wird das Synthetisieren erst möglich. Das mannigfaltige Sein und Denken und die Vereinigung wird in einem und demselben Akte ge- setzt. Sehen wir nur auf die Analyse, so bekommen wir gleichsam zwei Reihen; jedes einzelne ist ein Ich auch nur, in wiefern es gedacht wird - und nicht angesehen wird als gedacht und erzeugt in demselben Momente, sondern diskret in einer Zeitreihe. Dieses zerstreute Denken ist in der höchsten Synthese eins. Mein unmittel- bares Denken ist nicht in der Zeit, sondern dadurch wird mein vermitteltes Denken in die Zeit heineingesetzt.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 192f.
 



Nota. - "...wird in einem und demselben Akt gesetzt", und sobald auf diesen Akt reflektiert wird, muss es so erscheinen, als sei Sowohl die Zweiheit als auch die Einheit, jede für sich, zuvor bereits 'dagewesen'. Die Spra- che schiebt dem Denken stets, wenn es sich auch eben erst davon freigemacht hat, die Vorstellung von einem An-sich wieder unter. Die logische Darstellung durch reine Zeichen kanonisiert das dogmatische Denken. 

Die genetische Darstellung, die die einzelnen Bestimmungen in ihrer Entstehung sichtbar machen will, muss sich notdürftig damit behelfen, dass sie alles, was sie sagt, in der nächsten Zeile wieder zurücknimmt, ein- schränkt oder umkehrt. Ja ja, nein nein kann ihre Rede nicht sein. Dass die genetische Darstellung verwirrend ('dialektisch') ist, liegt an ihrer Absicht und lässt sich nicht ändern.
JE




Montag, 27. Februar 2017

Eine genetische Einsicht in den Ursprung unserer Vorstellungen.



Anmerkung A. 

Dies ist die charakteristische Auszeichnung der Wissenschaftslehre: Ich denke nur mein Denken in die Zeit //192// hinein; nur dadurch, dass mein Denken Gegenstand des Bewusstseins wird, fällt es mir in die Zeit. Dies wird bei Kant vernachlässigt, da der Begriff der Ichheit vernachlässigt wurde. Das Denken hat die Zeit schon bei sich; wer also vom bloßen Denken redet, der kann gar nicht darauf kommen, die Zeit abzuleiten; in die Zeit fällt aber nicht das Ich, und wenn man weiß, dass dem Denken Bewusstsein beiwohnt, kann man darauf kom- men, die Zeit abzuleitem.

Die Wissenschaftslehre ist nicht etwa selbst Erzeugerin einer Erekenntnis, sie ist bloß Beobachterin des menschlichen Geistes im ursprünglichen Erzeugen aller Erkenntnis, aber das Kantische System geht in der Beobachtung nicht zu Ende wie die Wissenschaftslehre. Der gemeine Verstand tut aber und beobachtet nur das Produkt seines Tuns; merkt aber nicht, dass er beim Tun die Zeit u.s.w. erzeugt. Die Wissenschaftslehre gibt aufs Tun selbst Acht, welches [die] erwähnte Synthesis ist, und sie muss diese Synthesis unabhängig von der Analyse aufstellen; nur so entsteht eine genetische Einsicht in den Ursprung unserer Vorstellungen.

Zeit ist nur ein Verhältnis, in welches wir unsere Vorstellungen zu setzen genötigt sind. Das Gesetz dazu sehen wir entstehen, mit ihm die Zeit, aus diesem Verhältnisse in der Zeit entsteht alles Übrige. Dieses ist der Haupt- punkt der transzendentalen Philosophie.

Anmerkung B. 

Demnach - wie das Ich sich denkt in dem beschriebenen Denken, so denkt es sein ganzes Bewusstsein, seine ganze Erfahrung mit, also das Intelligible oder Apriori im Kantischen Sinn des Worts und Aposteriori, beides sind ganz dasselbe, bloß angesehen von verschiedenen Seiten. 
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 191f.
 



Nota. -  Das synthetische Denken, von dem im letzten Paragraphen gelegentlich verwirrend die Rede war, ist das Denken der Wissenschaftslehre. Wenn der gewöhnliche Verstand denkend handelt, achtet er nur auf die Produkte seines Handelns, und das sind gewöhnlich Begriffe - darunter die Zeit, durch die sie zu einander im Verhältnis (der Sukzession) stehen. Die Wissenschaftslehre sieht aber nicht nur dem Auftreten der Begriffe zu, sondern zugleich der Tätigkeit des Begreifens; und zwar beiden zugleich, denn trennen lassen sie erst wieder in der Reflexion. (Auch das gewöhnliche Denken reflektiert, aber es hat hier nichts zu trennen.)

Dieses Verfahren, das nicht darstellt, wie die Begriffe auseinander hervorgehen, sondern wie das Ich Vorstellun- gen hervorbringt, die es in Begriffen fasst und fungibel macht, heißt das genetische.

Noch immer ist die Rede nicht vom empirischen Subjekt, sondern vom Ich als Noumenon und seinem 'Be- wusstsein überhaupt'.
JE






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Sonntag, 26. Februar 2017

Logisch ist das Abstrakte die Bedingung des Konkreten.


A. Goloborodko

Nun wird ja jeder selbst nach gemeinem Verstande ohne Prinzipien behaupten, dass ein abstraktes Denken nicht möglich ist ohne ein konkretes, so dass die Abstraktion etwas voraussetzt, wo das zu abstrahierende vorkommt. So kann ich hier auf Voraussetzung des Wollens nur in soweit schließen, als ich sie schon in concreto gefunden habe; sonach verhält sich das abstrakte Denken zum konkreten wie Bedingung zum Bedingten. - 

Das Wollen setzt einen Zweckbegriff voraus, dieser wieder ein Wollen, dieses wieder einen Zweckbegriff und so ins Unendliche. So gibts also keinen Anfang, eines treibt uns aufs andere wie schon oben mit dem Erkennt- nisbegriffe, dieser Zirkel ist noch tiefer als obiger. -

Es ist schon gezeigt worden, dass nicht von einer Reihe der Gedanken und ihrer Sukzession an sich geredet werden kann, sondern von einer Erscheinung der Sukzession für uns; so dass wir uns nur denken als denkend in der Zeit, nicht aber wirklich in der Zeit sind. Im synthetischen Denken = C setze ich mich, finde ich mich selbst als wollend. Diesem setze ich A voraus, und nun ists kein Wunder, dass ich das, was in C liegt, in A setze; dies tue ich, weil A bloß Denken vom Entwerfen des Zweckbegriff ist; ich setze es bloß in die Form der Kau- salität, ohne ihm doch eine bestimmte [Kausalität] beimessen zu wollen.

(Der Zweckbegriff geht auf eine schon daliegende konkrete Erkenntnis, von da wird durchgegangen zu einem bestimmten konkreten Wollen.) Nur in so fern kann man sagen: Das Ich findet sich, anstatt es denkt sich als findend. Denkt man das synthetische Denken allein, so macht sich das Ich ohne Bewusstsein; nach Vereinigung aber beider Denken findet es sich, wenn es sich selbt vorher schon gemacht hat.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 191
 



Nota. - Es ist doch merkwürdig, dass er, wo es um das Verhältnis von Abtraktem und Konkretem geht, zunächst davon abstrahiert, dass doch einer vom Konkreten abstrahiert haben muss, wenn es zu einem Abstrakten kommen soll, und das Verhältnis rein logisch, also umgekehrt darstellt - statt genetisch korrekt. Die folgende Ausführung scheint mir dann aber das Gegenteil zu besagen. (Blöde Frage: Hat Krause sich verschrieben?)

Wahr ist allerdings auch: 'Das, was' ich im Konkreten auffinde und daraus abstrhiere, muss ich als - unbestimmte? - Vorstellung schon 'gehabt' haben, sonst hätte ich es nicht bemerken können. - Was das Konkrete, was das Abstrakte ist, hängt offenbar davon, von welcher Seite ich es ansehe... 
JE


 
  


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Samstag, 25. Februar 2017

Das Ich setzt sich selbst voraus.



Wir wollen zweitens auf das gedachte Denken sehen. Das Ich soll wählen, wie gesetzt wird, oder (das Ich denkt) unter dem Mannigfaltigen, um sich selbst zu bestimmen, so dass das Objekt seines Willens in der Sin- nenwelt wirklich werde. Also das Wählen setzt sich selbst voraus, es weiß es schon, dass es wählen kann und Kausalität hat, das Ich ist also mit sich selbst schon vollständig bekannt, es setzt sich in der Entwerfung des Zweckbegriffs voraus, dies ist hier der Hauptpunkt! 

Zuvörderst - wie setzt sich das Ich voraus, notwendig voraus in jenem Wählen? (Der Form nach nicht, was ist es materialiter?) Das Ich selbst in diesem Akte ist bloß Bestimmbares, nicht Bestimmtheit, es schreibt sich nicht eine bestimmte Kausalität zu dem oder jenem Erfolg zu, sondern setzt eine Kausalität überhaupt voraus.  

Man wolle doch ja Abstraktionen und konkrete Wahrheiten [sic] bemerken, zu erstern gehört der Moment, wo ein Zweckbegriff gefasst wird. Es ist der Begriff von meiner Wirksamkeit überhaupt, nicht Wahrnehmung einer bestimmten Wirksamkeit. Es ist eine solche Gestalt, in der ich mich selbst in Entwerfung des Zweckbegriffs finde. 

Das Ich wird nur über-//191//haupt hingedacht, es ist eine abstraktes Denken, ein Schweben über Entgegengesetz- ten, doch mit dem Bewusstein, dass es Entgegengesetzte sind: so im Entwerfen des Zweckbegriffs meiner selbst, das Denken. Aber wies Denken ist, fällt auch sein Objekt aus, denn beides ist ja nur ein aus verschiede- nen Ansichten Verschiedenes.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 190f.
   



Nota. - Statt konkreter Wahrheiten wird F. wohl konkrete Wahrnehmungen gemeint haben. Hier kommt es aber auf die Abstraktionen an: Diese erscheinen erst der 'idealen' Tätigkeit = Reflexion. ('Bedeutung überhaupt' gibt es nicht, es ist nur eine nachträgliche Abstraktion.)

- Das Ich setzt sich nicht schlechtweg: "Hoppla, jetzt kommt Ich!", sondern setzt sich als sich selbst vorausgesetzt; so, als ob es 'schon immer da gewesen' sei. Darum kann es sich einen wirklichen Anfang auch nicht vorstellen (und ein Ende will es sich nicht vorstellen). 

Darum sind die empirischen Iche auch so leicht dazu zu überreden, dass sie "eigentliche" nur ein irdisches Akzidens einer überirdischen Substanz wären: Da fühlen sie sich nicht mehr so auf sich allein gestellt. Als Jacobi an Fichte schrieb, er bräuchte zum Leben etwas, woran er glauben kann, meinte er weniger den heiligen Geist, der ihn ruft, als vielmehr die sichere Hand eines Schöpfers, in der er ruht wie in Abrahams Schoß. 

Das Ich setzt nicht nur sich selbst, sondern sich selbst als seinen eigenen Schöpfer. Das ist eine Anmaßung, und es wird ein Leben lang zu tun haben, ihr gerecht zu werden. Doch anders kann es nicht sein eigner Herr sein.
JE






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Freitag, 24. Februar 2017

Bestimmen ist das Einbilden von Qualitäten.

Kandinsky, 1914

Niemand wird sich des Sterbens oder Geborenwerdens bewusst. Es gibt also keinen Moment des //190// An- fangens. Dies synthetische Denken hat zwei Teile; welches ist nun das Verhältnis beider? Ersteres ist das Be- stimmte, letzteres das Bestimmende. Z. B. wie ist denn das Denken einer gegenwärtigen und einer abwesenden Sinnesvorstellung unterschieden, oder wie ist der gegenwärtige Moment von allen andern verschieden? Er ist bloß das Bestimmte, und das Vergangene [wird] als bestimmend gedacht. Das Gegenwärtige wird bestimmend werden, wenns einmal das Vergangene sein wird, aber von der Zukunft weiß ich nach gar nichts, das Vorausge- setzte ist bestimmend und bestimmt.

So ist klar: Der Zweckbegriff soll sein ein Bestimmendes zum wirklichen Wollen. Letzteres soll ein Bestimmtes sein, aber wohl kann es ein Bestimmendes werden, davon reden wir aber nicht. -

Also der Zweckbegriff ist nichts Wirkliches, sondern bloß gesetzt, [um] das Wollen zu erklären. Das Auswählen des Zweckbegriffs aus den mannigfaltigen Möglichen wird als das Bestimmende gedacht.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 189f.
  




Nota. - Bestimmen ist das Schlüsselwort der Wissenschaftslehre. Ist es ein Begriff? - Der quasi-ontologische Grundstein ist Tätigkeit, und was ist Tätigkeit? Es ist im weitesten Sinn das Übergehen vom Brestimmbaren zum Bestimmten. Worauf bezieht sich aber 'bestimmen'? Nicht aufs Sein; das ist oder ist nicht. Sondern auf Gelten oder auf Bedeutung oder das, was man an einem Seienden als sinnhaft finden kann. 

Doch anders als das - da- - Sein lässt sich Geltung nicht formalisieren. Nichts bedeutet "überhaupt", sondern immer nur dieses oder jenes; und nur diesem oder jenem. Es ist etwas Neues, das hinzukommt - zwar aus Bedin- gungen 'hervor gegangen', aber nicht aus ihnen zusammenengesetzt. Mit andern Worten: Logisch, nämlich aus de- finierten Begriffen und geprüften Verfahren, lässt es sich nicht herleiten. Darum nennt F. seine Darstellungs- weise eine genetische: Es sind sinnhafte, qualitative Setzungen, die sich nicht 'aus einander entwickeln', sondern die ein Tätiger generieren muss, wenn sie geschehen sollen, und deren sinnhafter Implikationen er sich erst in nachträglicher Reflexion gewiss wird.

Qualitäten lassen sich nicht definieren, dazu müssten sie in Relation stehen, aber dann wären sie relativ und nicht qualitativ. Man kann sie nur anschauen, indem man sie einbildend selbst hervorbringt.
JE


Donnerstag, 23. Februar 2017

...ein Denken, das nicht gedacht wird, sondern bloß gedacht, dass es gedacht wird.


 
M. C. Escher                                                               
I. Über die Reihe des Idealen

Ich setze mich in diesem Denken des Synthetischen als entwerfend einen Zietbegriff; dieses ist ein Denken, ich denke //189// mich also als denkend - wer demkt mich? Ich selbst im synthetischen Denken, dessen Gegenstand ein Wollen ist; wie verhält sich zu dem letztern das Denken eines Zweckbegriffs? Offenbar wie Bedingendes zu einem Bedingten, also es geht der Zeit nach vorher, das letztere steht zu  ersterm im Verhältnis der Depen- denz. 

Ferner in diesem Entwerfen des Zweckbegriffs wird das Ich als denkend gedacht; was also dem Willen vor- hergehen soll, ist ein Denken, also doch das Denken meiner als wollend, und es zu erklären, wird ein anderes Denken gesetzt, produziert. Es wird als Vorausgegangenes gedacht heißt: Es wird nicht identisch mit ihm, son- dern abgesondert gedacht, als außer ihm liegend. - Weitere Erläuterung! Durch analytische Methode, indem wir auf das Denken als das Subjektive und dann auf das Denken als Objektives sehen.

ad 1. Es ist ein synthetisches Denken, das sich selbst ein anderes entgegensetzt, wie das Denken des Zwecks allein (bei Kant gibt der Begriff die Syntheis, es sei, als wenn schon zwei zu Vereinigende da lägen; so hier nicht, sondern C ist, und in diesem C ist wieder A und B in der Vereinigung, welche wiederum erst durch das Setzen des C entsteht, welches also offenbar Duplizität ist, teils eines ist, teils zweierlei ist.) Hier ist ein Be- wusstsein = C (das synthetische Denken, das Bestimmte in diesem Falle, das empirische Wollen), darinnen liegt das Entwerfen des Zweckbegriffs, es liegt drinnen ein Objekt, das durch mein Wollen bewerkstelligt werden soll. Durch beider Vereinigung wird C ein Wollen, aber in der Vereinigung werden sie auch getrennt. Also A wird auch besonders gesetzt; nun ist A ein Denken, ist dies vorhergegangen in irgeneinem Momente? Es wird also nur gesetzt als vorhergegangen, es ist bloße Produktion.

Es gibt ein Denken, das nicht gedacht wird, sondern bloß gedacht, dass es gedacht wird, so hier: Der Zweck wird nicht entworfen, sondern gesetzt, dass er entworfen sei, also dieser erste Moment wird beim Knüpfen des Vernunftsystems vorausgesetzt.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 188f.
 


Nota. - Während die historische Darstellung es mit dem Faktischen, die logische Darstellung mit den Begriffen zu tun hat, sieht die genetische Darstellung auf das lebendige Vorstellen selbst, das den beiden andern zu Grunde liegt. Es wird (in realer Tätigkeit) ein Bild geschaffen, dieses wird (ideal) angeschaut und im Begriff bestimmt. Im Begreifen wird sie in ihre Bedingungen zerlegt, die indessen nicht selber zuvor vorgestellt, "einge- bildet" wurden, sondern hernach 'als vorgestellt vorgestellt' werden.

In der logischen Untersuchung scheint es, als seien die Prämissen des Begriffs "per Definition" in ihm enthalten, "auf einen Schlag", sie 'dependieren' gegenseitig von einander, vorwärts und rückwärts, ohne Zeit. Die logische Darstellung ist ohne Zeit, Begriffe und Schlussregeln sind, noch bevor sie ein Zeitlicher denken kann. 

In der genetischen Darstellung des wirklichen Vorstellens wird dagegen nur "so getan, als ob" es ohne Zeit ge- schähe, es wird von der Zeit zuerst noch abstrahiert, doch sobald es 'objektiv' wird und qua Zweckbegriff auf wirkliche Gegenstände geht, tritt das Verhältnis der Dependenz ein, und die hat eine Richtung; wenn auch 'aus Freiheit' zu bestimmen bleibt, wohin, so bleibt doch stets präsent, woher - nämlich vom tätigen Subjekt. Der Setzende setzt Eins, doch sobald er darauf reflektiert, nämlich zu bestimmen beginnt, zerfällt ihm das Eine in ein Mannigfaltiges. Nicht Dieses dependiert von Jenen, sondern Jene dependieren von Diesem. 

Die Vorstellung, dass es Vorstellungen an sich und ohne Vorstellenden gäbe, ist unvorstellbar.
JE




 

Mittwoch, 22. Februar 2017

(Jedes synthetische Denken ist auch Analyse.)



//188//                                                                       4.

In der Aufforderung nun soll ich mich finden, so gewiss ich aufgefordert bin, aber unter welcher Gestalt finde ich mich? In dem beschriebenen synthetischen Denken finde ich mich denkend einen Zweck [und] denkend ein durchs Denken desselben bewirktes Objekt, beides in demselben Momente, oder richtiger: in keinem Momen- te, außer aller Zeit.

Wir haben also zwei äußere Glieder, in deren Mitte das synthetische Denken liegt und das Innere derselben ausmacht. Es wird sich finden, dass jedes von beiden wieder an ein Äußeres geknüpft wird und wir ein Fünf- faches erhalten im Bewusstsein, also einen synthetischen Periodum, der immer fünffach ist. Wir haben hier den Vorteil [sic] von den Inneren heraus; nicht, wie in der gedruckten Wissenschaftslehre, von außen herein. In dieser Synthesis liegt alles Denken darin, denn alles ist ein bestimmtes Selbstbewusstsein.

Jedes synthetische Denken ist auch Analyse, wodurch es in die Zeit verstreut wird, und durch die Beziehung dieser Verhältnisse erhalte ich ein mannigfaltiges Denken, und nur dadurch auch ein Mannigfaltiges für das Denken. Die gemeine Ansicht widerspricht zwar dieser Ansicht - weil man, um in der Zeit zu denken, schon in der Zeit sein müsse? Dies sagt aber ein Reflektierender; wenn er anders denken könnte, so wären unsere Sätze unrichtig.

Wir können doch aus der Form des Bewusstseins in der  Erfahrung nicht herausgehen? Wir erhalten sonach eigentlich zwei Reihen neben einander:

1) Reihe des idealen Denkens, ausgehend vom Denken des Zwecks;
2) des realen, ausgehend vom Denken des Objekts unseres Willens.

Eine nicht ohne die andere, eins nur [durch] das andre möglich; aber hier im Philosophieren müssen wir sie einzeln denken.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 188
 





Dienstag, 21. Februar 2017

(Ist das Wollen nur Erscheinung?)


Anmerkung C

Das Beschriebene ist nur ein Wollen, und eben in der Synthesis durch die Beziehuung des Seins aufs Denken und umgekehrt wird es ein Wollen - das will dem Menschen auch nicht ein. Wenn man ihn fragen würde: Willst du oder kannst du wollen: Jeder wird sich alles entreißen lassen, nur seine Persönlichkeit nicht. Aber das Wollen ist doch nur Erscheinung; es ist genau das, was oben geschildert worden ist, die Identität von Sein und Denken; diese ganze Wechselwirkung und nichts anderes ist das Wollen. Der Anfang des Bewusstseins und der eigentli- che Mittelpunkt, an den das Übrige angeknüpft wird, ist Wollen. -

Aber haben wir uns nicht verirrt? Der Begriff der Aufforderung ist analysiert worde. Wir sind aber aufs Zweite gekommen, wir haben geredet von etwas anderem. Aber wir haben gefunden: Der Begriff der Aufforderung ist nicht das Erste, sondern das Wollen. Das Bewusstsein hebt von keinem Momente an, es ist Wollen. An diesen Moment des Willens wird durch die bloße Erscheinung das Übrige angeknüpft. 

Das Deliberieren, Herausgreifen kommt vor, aber es ist etwas zur wirklichen Bestimmung meiner Hinzugesetz- tes, wobei das letztere dem Wollen vorausgegangen sein soll. (Man könnte den Transzendentalen Idealismus einteilen in Idealismus des äußern und innern Sinnes, oder des Raums und der Zeit.) Kurz, in dem Fortgange des Bewusstseins scheint uns das, das den Willen bedingt, in uns selbst zu liegen; bei dem Anfange der Indivi- dualität scheint diese außer uns in einer fremden Vernunft zu liegen.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 187
 



Nota. - "Aber das Wollen ist doch nur Erscheinung" - Erscheinung wessen? Einer Substanz, eines Wesens? Das Wort gebraucht er sonst nicht. Was bedeutet es hier? Der ganze Abschnitt ist dunkel. Fast möchte man es dem Protokollanten anlasten, der Fichtes Rat nicht gefolgt wäre und bloß Worte mitgeschrieben hätte, ohne auf den Sinn zu achten. Das ist sonst allerdings nicht seine Art, und vielleicht hat er sich vergeblich um einen mitteilba- ren Sinn bemüht? - "Der Anfang des Bewusstseins und der eigentliche Mittelpunkt", das ist das Wollen, eben noch "nur Erscheinung", auch.
JE 






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Montag, 20. Februar 2017

Entsteht die Zeit nur durch Denken?



Ist wirklich erst Entschluss als Wille? Bedeutet wirklich Wahrheit vor der reinen Vernunft? - so lautet die Antwort: Nein, Wollen, Deliberieren und das Verhältnis, in die ich sie setze, ist alles bloß Erscheinung. Mein Bewusstsein geht nicht aus von Wollen, Zweckbegriff und Wahrnehmung eines Objekts, sondern es geht von allen aus, ist alles, in der Erfahrung erst trenne ich es. 

Der einfache Lichtstrahl fällt durch ein Prisma und liefert verschiedene Farben, niemand sagt, der Lichtstrahl sei diese Farben, sondern er sei einfach und durchs Prisma zerstreut; so lässt man sich wohl auch gefallen, wenn man von der Idealität der Raumes redet. Aber wenn man in die Zeit hereinkommt und einsehen soll, auch da ist ein einfacher Strahl, der in keiner Zeit ist, ist auch nur so ein Prisma,  nämlich unser sinnliches Vorstellungs- vermögen, durch das die Ausdehnung in der Zeit entsteht.

Allein dies muss man begreifen, z. B. die Begebenheiten in der Welt hängen zusammen wie Ursache und Wir- kung, zugegeben! In dem Begriffe der Kausalität liegt schlechthin keine Zeit; denn das Bewirkte ist absolut mit der Wirkung zugleich, auch mechanisch gedacht. Denn entsteht denn eine Verküpfung erst hinterher nach der Ursache? Nein, wenn der Finger eindrückt, entsteht die Grube. Alles, was ist, ist Bewirktes der Ursache und gleichzeitig mit ihr, was ist diese Ursache? Wieder Bewirktes, und so fort in Ewigkeit. So entsteht keine Zeit, alles ist ein Schlag.

Woher kommt denn also die Zeit, die wir denn doch haben? Daher: Wir können das Bewirkte und Bewirken- de nicht auf einmal denken, man geht von einem zum andern fort, hier gibt das Denken die Zeit. Auch dies nicht einmal, sondern das ursprüngliche Anschauen des Denkens, eine Analyse der Begriffe liefert die Zeitver- hältnisse.

Der Anfang alles Bewusstseins ist Syntheis und Analyse zugleich, und durch letztere entsteht ein Maniigfaltiges. Ein erster Moment des Bewusstseins, der dafür erkannt wird, kann nicht sein, denn alles ist immer ein Stück.

Ein Kind komme in dem Momente X zum Bewusstsein, das wäre der erste Moment, es findet sich wollend, es kann dies nicht erklären, ohne ein Moment Y vorauszusetzen. Für Gott ists der erste, aber nicht für das Kind. Dieses müsste wieder Z voraussetzen und so fort. Kein //187// Mensch weiß, wann er stirbt. Dies ist klar, wir denken immer mehr Zweckbegriffe. Aber kein Mensch hat auch gewusst, wann er anfange. -

Das Bewusstsein ist überhaupt in keiner Zeit, nur sie hat Anfang und Ende. Die ganze Zeit ist bloß Ansicht, die [dadurch] entsteht, dass wir an das erste angenommene Wollen ein anderes als Erklärendes anknüpfen, und auch vorwärts etwas anknüpfen, was daraus folgen soll. ________________________________________________
Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 186f.



Nota. - Deutet die stilistische Unsicherheit dieses Passus darauf, dass der Protokollant den Vortrag nicht recht verstanden hat, oder darauf, dass der Vortrag unklar war? F. will uns sagen, die Zeit entstünde erst im Denken, 'in Wahrheit' sei alles zugleich und auf einen Schlag, denn auch die Vorstellung von Ursache und Wirkung und daher die Unterscheidung von Zuerst und Danach stammten allein aus dem Denken.

Durch Wirkendes und Bewirktes kommt er immer nur auf die Sukzession, nicht aber auf die Dauer, die doch - während die Kausalität lediglich 'im Denken' sei - die sinnliche Seite der Zeit ausmacht; etwas, das gefühlt wird, nämlich Kurzweil und Langeweile: ob 'viel' oder 'wenig passiert'. Man darf sich fragen, ob nicht die Vorstellung von einer Reihenfolge aus der Anschauung der Dauer herzuleiten ist; denn die Gerichtetheit des "Zeitpfeils" ist in der Dauer schon enthalten.

Es ist ja hier nicht die Frage, 'was Zeit wirklich ist'. Sie ist eine Tatsache "unseres sinnlichen Vorstellungsvermö- gens", und es gilt, sie aus der Einen Prämisse der Wissenschaftslehre zu rekonstruieren. - Man kann nicht sagen, dass ihm das hier schon gelungen ist.
JE

Sonntag, 19. Februar 2017

Wie die Zeit entsteht.



Wie verhält sich nun das entgegengesetzte Denken? Als Bestimmbares und Bestimmtes, aber dies gibt sukzessi- ve Zeitreihe, also durch dieses Denken der Analysis in einem Momente entsteht erst die Zeit; wir sehen also ge- netisch mit an, wie die Zeit entsteht und dass sie ideal ist. 

Dies gehet freilich schwer ein, dass wir uns erst in die Zeit hineindenken. Deswegen: Ich soll mich in die Zeit denken, dies kann ich ja nicht, ohne selbst in der Zeit zu sein; allein wenn man so sagt, hat man gar nicht von der Zeit abstrahiert, man denkt das oberste Denken in der Zeit, welches nicht recht ist, denn das Übersinnliche ist nicht in der Zeit, und deswegen können wir es nicht denken, sondern bloß daraus erklären; hier kann es aber jedem überraschend klar werden.

Alles mein Denken, durch welches ich mich konstruiere, ist das Denken eines Ichs, in dem ein Mannigfaltiges liegt, nämlich Zweckbegriff und Handeln. Dieses wird 1. durch mein Denken unterschieden, also 2. dadurch in ein Verhältnis gesetzt. In welches? In das der Bestimmbarkeit und Bestimmtheit oder Dependenz, id est das Verhältnis in der Zeit: Das Bestimmbare geht dem Bestimmten voraus, der Zweck-//186//begriff geht dem Wollen voraus.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 185f.   



Nota. - Das Ich ist, im Unterschied zu mir als Individuum, selbstverständlich nicht in der Zeit

Auch hier wird Zeit nur als Reihenfolge aufgefasst, noch nicht aber als Dauer, welche uns doch schon als Schülern als ihre bleierne Realität vorgekommen ist.
JE 








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Samstag, 18. Februar 2017

Die ursprüngliche Duplizität des Geistes.

Anmerkung B

Das Ich ist nichts aus einem Mannigfaltigen der Vorstellung Zusammengestoppeltes - aber doch von einer Seite ist es wahr. Der Fehler dieser Behauptung liegt lediglich in der Einseitigkeit. Denn das ideale und reale Denken wird im synthetischen Denken vereinigt, also muss es doch ein solches verschiedenes Denken geben (darauf stützt sich jenen Behauptung); aber beides ist einerlei Denken. 

Dieser scheinbare Widerspruch führt uns auf ein wichtiges Resultat: Beides, das verschiedene und vereinigende Denken, sind selbst eins und unzertrennlich, das verschiedene wird durchs synthetische nicht bloß vereinigt, sondern erst getrennt, ohne vereinigt werden zu können. Aber wie soll es getrennt sein? Zweierlei Denken an sich kanns nicht geben! In der Vereinigung wird es getrennt und durch die Trennung vereinigt, beides ist nicht zu trennen.

Es ist in mir ein erstes ursprüngliches Bewusstsein - A, dieses wird infolge der Duplizität des Geistes doppelt //185// angesehen - B + C, aber C wird selbst wieder doppelt angesehen. A wäre die Masse des Denkens, die Synthesis (denn die Wissenschaftslehre stellt immer lautere Massen auf, in jedem Moment ist ein Mannigfalti- ges) B soll sein das Denken meines Denkens; C soll sein das, dessen ich mir bewusst bin. Beide sind A; die Teilung kommt bloß von der ursprünglichen Duplizität, der Subjektobjektivität. 

C erscheint selbst doppelt als ideales Denken eines Zwecks, reales Denken eines Objhekts - X + Y. B ist in Beziehung auf C trennend, vereinigend beides - A ist in Beziehung auf B und C auch trennend und vereini- gend.  Wir haben also eine ganze Masse von Mannigfaltigem. Deswegen  haben wir dieses Denken synthetisch genannt, das Ich wird zwischen beide hieneingesetzt als vereinigend. Allein dieses Denken muss sie erst ver- schieden darstellen, und also auch analytisch sein. Die Analyse geschieht durch den Denkakt, der hypothetisch notwendig ist, selber aber auf der Freiheit beruht.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 184f.   



Nota. - 'Dialektisch' muss das kritische Denken verfahren wegen der "ursprünglichen Duplizität": Ich kann mich als Subjekt nicht setzen, ohne mich zugleich als Objekt zu setzen (oder umgekehrt). Auf alles, was ich 'an sich' tue, muss ich zugleich reflektieren, weil es anders für mich nicht werden kann. - Das ist inzwischen eine Trivialität, aber die Wissenschaftslehre ist in gewisser Weise nichts anderes als eine endlose Variation zu diesem Thema: Wer synthetisieren will, muss zuvor analysieren. Die verwirrende Schwierigkeit der WL entsteht aus dem unablässigen Wechsel zwischen beiden Perspektiven. (Manchmal verheddert sich F. anscheinend selber und stellt die Sache umständlicher dar als nötig.)
JE





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Freitag, 17. Februar 2017

Das synthetische Denken: Ich für sich selbst.

Caravaggio, Narziss
Vacat.

Mit dem Denken ist numittelbar Bewusstsein desselben verknüpft. Also das Denken des Zwecks von einer Seite, des Objekts von der andern ist beides eine Denken mit Bewusstsein, welches letztere dasselbe ist und in demselben Momente, denn ein Zweck ist nicht zu denken ohne reales Objekt und umgekehrt; in dem Bewusst- sein des Denkens von beiden sind offenbar beide verknüpft, denn sie können nicht dsikret gedacht werden, denn dann wird keines gedcht.

Von diesem vereinigten Denken geht das andere Denken aus, wir wollen es das synthetische Denken nennen. In diesem Denken denkt sich das Ich als sich //184// selbst bestimmend, welches auch nicht getrennt werden kann; es ist Ich für sich selbst. - Es ist hier ein Denken des Objekts und des Zwecks, beides ist verschieden, liegt aber notwendig zusammen in Einem Bewusstsein; dieses letztere heißt das synthetische Denken.

Anmerkung A

Alles Denken als ideale Tätigkeit geht auf ein Objekt des Denkens überhaupt; welches ist denn nun das Objekt dieses synthetischen Denkens? Nichts anderes als ich selbst in meinem Denken, ich denke 1.; ich sehe mir selbst dabei zu 2.; letzteres ist das synthetische Denken. In diesem letzten wird das beide erste [denkende] Den- ken in einem Moment des Bewusstseins zusammengerafft.

Dieses Denken ist sonach eine intellektuelle Anschauung und das Gedachte etwas Intelligibles, das durch das Denken selbst ist; es gehört sonach unter das reine Denken, wovon wir sagten, sich etwas denken; dahingegen das Denken, das Objekt dieses Denkens ist, das Ideale und Reale, etwas durch Sinnlichkeit Vermitteltes ist. 
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 183f.  






Donnerstag, 16. Februar 2017

Das Denken eines Zwecks und das eines Objekts ist eigentlich dasselbe.


Lothar Sauer

Es wird zu einem bestimmten Denken übergegangen.Wird auf die Bestimmtheit abgesehen, so ist das Ich ge- bunden und es ist ein objektives Denken, mit dem ein Gefühl verbunden ist. Wird hingegen auf die Freiheit im Bestimmen gesehen, so erscheint es als ein Wollen. Das Denken eines Zwecks und das eines Objekts sind ei- gentlich dasselbe, nur sind sie es von verschiedenen Seiten angesehen. 

Wie sind denn diese beiden Ansichten verschieden? 1) In Rücksicht auf dich selbst und deine Freiheit; 2) auf die Bestimmtheit im Denken (die auch von deiner Freiheit herkommt, ohne dass du darauf reflektierst). So ist es für uns, die wir philosophieren, wir sehen die Identität des Seins und Denkens ein. Aber das hilft uns noch nicht. Wir müssen dieselbe Ansicht dem untersuchten Ich unterlegen als eine ihm notwendige. 

Das Ich sieht sich an in dieser doppelten Rücksicht; es verknüpft mit der Vorstelleung, dass die Hand sich be- wegen solle, die, dass sie sich bewegt. Aber daraus entsteht nicht die Vorstellung, dass in meinem Wille der Grund liege, dass die Hand sich bewege. Es liegt nicht darinnen die Vorstellung des Kausalverhältnisses zwi- schen dem Willen und der Wahrnehmung. 

Für uns liegt wohl die Vorstellung drin, da wir wissen, dass beide im Grunde nur ein und dieselbe Vorstellung sind. Aber wir müssen dies auch für das wirkliche Ich beweisen.

(Hier hängt das Manuskript inmittelbar mit p. 234 zusammen; es fehlt nichts.)
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 183




Mittwoch, 15. Februar 2017

...ein Schweben zwischen mannigfaltigen entgegengesetzten Reflexionsmomenten.


3. 

So gewiuss ich die Aufforderung begreife, finde ich mich als Subjekt mit dem Prädikate der zu findenden Frei- heit. Was heißt das, ich finde mich? (Durch bloße Analyse muss die Notwendigkeit des Anknüpfens gezeigt werden.) Was müsste ich denn erkennen, um das sagen zu können? Ichheit besteht in der absoluten Identität des Idealen und Realen, sie ist eine Intelligenz außer dem entstehenden Bewusssein nur für den Philosophen; aber wie wird sie für das Ich, das wir konstruieren? Wie komen wir dazu, den absolut unmittelbaren, den ersten Punkt desselben aufzuzeigen?

Jetzt ist die Rede vom Formalen. - Ich finde mich, heißt: Das Ideale und das Reale wird gefunden als identisch; oder: Es erscheint mir im Denken ein Sein durchs Denken; durchs Denken erscheint ein Sein, heißt: Ich denke und es wird. Dadurch wird also der Wille ausgedrückt, der denn doch ein bloßes Denken ist, und in dem sich durch diese Synthesis des Denkens mit dem Sein das Denken in eine Erscheinung des Wollens verwandelt. Aus diesem hervorgebrachten Sein erfolgt ein anderes Denken; ich nehme das Sein unmittelbar wahr; z. B. meine Hand bewegt sich, heißt: Ich denke meine Hand als bewegt und sie bewegt sich. - 

Ich will meine Hand bewegen, heißt: Ich denke meine Hand als durch unmittelbare Wehnehmung und Willkür bewegbar. Den Unterschied dieser zwei Denkungsarten aufzuzeigen ist hier unser Zweck. Worterklärungen des Willens sind bekannt genug, z. B. das Wollen ist Denken eines Zweckbegriffs; das erste ist ideales, das letzteres reales Denken. Das Denken des Zwecks ist Übergang der Bestimmbarkeit zur Bestimmtheit; das Denken der Bestimmbarkeit ist ein Schweben zwischen mannigfaltigen entgegengesetzten Reflexionsmoenten. 

Im Denken des Zwecks gehet man eben zum Denken des Bestimmten aus diesem Bestimmbaren über. Es ist also das Deniken des Zwecks ein freies Denken. Die Bestimmbarkeit ist lediglich für mein Denken, und ihre Form ist unfixiertes Schweben zwischen mannigfaltigen entgegengesetzten Reflexionsmomenten; das Wollende ist auch das Denkende, durch welches zu-//183//erst dieses Schweben fixiert und in einem einzigen Punkt kon- trahiert wird.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 182f. 


Nota. - Wirklich ist eigentlich immer nur das Schweben: dasjenige, wo Bewegung ist, wo etwas geschieht; es ist aktuale Tätigkeit. Ein Schweben zwischen Zweien: Die Fixpunkte werden als solche nur gedacht. Denn gedacht - angeschaut und begriffen - werden kann das Wirkliche, das Tätigkeit ist, nur so; nur interpunktiert; nicht als Fluss, sondern in Sprüngen. Hier findet im Denken eine Umkehrung statt: Das Fixe, das nur gedacht wird, kommt dem Denken als das Eigentliche vor, die aktuale Tätigkeit, das "Schweben", als hinzugedachtes Akzi- dens.

Bestimmt und bestimmbar sind Reflexionsmomente. Real ist das Übergehen vom Einen zum Andern: be- stimmen.
JE








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