Heise
Bei Kant heißt die Philosophie eine
Vernunfterkenntnis aus Begriffen, dies kann aber bei ihm selbst nicht
so sein, denn nach ihm ist jeder Begriff ohne Anschauung leer; auch
spricht er von transzendentaler Einbildungs- kraft, diese lässt sich nur
anschauen.
______________________________________________
Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 33
Nota. - Transzendentalphilosophie heißt Vernunftkritik. Das ist eine problematische Sache, denn das Vordrin- gen zum Ursprung der Vernunft kann die Vernunft selber nur mit ihren eigenen Instrumenten bewerkstelligen: Das, was sie erklären will, muss sie in toto voraussetzen.
Dass Kant mit seiner Kritik nur bis zum sogenannten Apriori gelangt ist, hat, außer dass er nicht weiterkom- men wollte, auch diesen methodologischen Grund, dass er sich der Paradoxie seines Verfahrens nicht bewusst wurde. Fichte spricht sie in seiner Wissenschaftslehre immer wieder mal an, aber nur so nebenher wie ein tech- nisches Verfahrensproblem. Dabei tut er aber viel mehr. Er verfolgt die Genesis der Vernunft hinter das Stadi- um zurück, wo sie noch diskursiv darstellbar ist. Mit andern Worten, er entledigt sich der Begriffe und der Schlussregeln.
Das diskursive Verfahren besteht darin, festgestellte Begriffe anhand der Definitionen, aus denen sie gemacht sind, mit andern festgestellten Begriffen und deren Definitionen logisch zu verknüpfen. Das diskursive Verfah- ren ist eine Kette von lauter Gleichungen. Mit andern Worten, mehr als was in die Begriffe zuvor hineinge- steckt wurde, kann nicht herauskommen. Es werden Merkmale zueinander in immer neue Verhältnisse gesetzt, aber material kommt nichts hinzu. Das soll es aber: Es soll sichtbar werden, wie dort, wo zuvor keine Vernunft war, Vernunft entsteht.
Fichte musste das Schaffen der Einbildungskraft selber anschaulich machen, aus dessen Reflexion Begriffe überhaupt erst entstehen können. Er musste das Vorstellen darstellen.
All das steckt in dem obigen kleinen Satz.
JE
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen