Donnerstag, 9. Oktober 2014

Ein wirkliches Ich entsteht erst durch die Entgegensetzung seiner Freiheit gegen die Freiheit eines Andern.


St. Kubrick
 
Ich setze mich als Individuum im Gegensatze mit einem anderen bestimmten Individuum, indem ich mir eine Sphäre für meine Freiheit zuschreibe, von welcher ich den anderen, und dem anderen eine zuschreibe, von welcher ich mich ausschließe - es versteht sich, lediglich im Denken eines Faktums, und zufolge dieses Faktums.  Ich habe mich also frei gesetzt; neben ihm und unbeschadet der Möglichkeit seiner Freiheit. Durch dieses Setzen meiner Freiheit habe ich mich bestimmt; das Freisein macht meinen wesentlichen Charakter aus. 
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Grundlage der Naturrechts..., SW III,
S. 51



Nota I.
Dies ist nicht mehr Transzendentalphilosophie: Von wirklichen Individuen, von wirklicher Freiheit ist die Rede; in Hinblick freilich darauf, was in transzendentalem Verständnis ihre Rechtfertigung wäre. Doch sind die wirklichen Individuen auch ohne Transzendentalphilosophie da; aber diese nicht ohne jene.

Nota II.
Wenn er den Andern wirksam aus der Sphäre seiner Freiheit ausschließen kann - braucht er dann Vernunft in- nerhalb derselben? Und wenn ja, warum - um nicht zu fragen: wozu? Vernunft brauchen sie beide gerade an der Stelle, wo ihre jeweiligen Sphären an einander stoßen (das heißt in der Realität eher: in einander greifen). Denn dort müssten sie gemeinsam vernünftig handeln, um beide frei zu bleiben - was sie anders nämlich nicht könnten. Nichts anderes nämlich ist Vernunft: Freisein unter Anderen. Wenn beide nach je eigener Prüfung zum selben Urteil X gelangen und es gemeinsam für wahr  erachten, können sie zumindest darüber nicht mehr in Streit geraten - ohne von ihrer Freiheit ein Quentchen preiszugeben.
JE



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