Samstag, 18. Juli 2015

Das Wesen der Vernunft besteht im Sich-selber-Setzen.



Das System kann jeden nur auffordern, in sich selbst hineinzusehen, wie er es macht; nun aber behauptet es allgemeine Gültigkeit, dass jedes Vernunftwesen so verfahren müsse. Diese Forderung geschieht mit Recht, und vorausgesetzt, dass das Wesen der Vernunft in dem Sichselbstsetzen bestehe, so gehen ja alle als notwen- dig aufgestellten Handlungen aus demselben hervor: Sie gehen sonach aus dem Wesen der Vernunft hervor, und jedes Vernunftwesen muss daher die Richtigkeit des Systems anerkennen.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 21


Nota. - Dass das Wesen der Vernunft im Sich-selber-setzen besteht, bleibt immer vorausgesetzt und lässt sich aus nichts Elementarem herleiten, es ist selber elementar. Und nur, wer so verfährt, soll Vernunftwesen heißen, das ist tautologisch. Doch dass es, wenn es sich selber setzt, so verfährt und anders nicht verfahren kann, das ist rein faktisch so und beruht auf keinerlei Gesetz: denn dann wäre es kein Sich-selber-Setzen. - Irritierend bleibt immer der Ausdruck "Wesen der Vernunft". Er hat es ja selber so definiert, aber der Wortgebrauch klingt, als sei zuerst das "Wesen" da, und daraus folge das Sich-selber-Setzen, während die Voraussetzung doch umgekehrt vor- ging. - Ich werde nicht müde, auf diese Doppeldeutigkeit hinzuweisen, die sich bei Fichte von Anbeginn zeigt.
JE



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