Mittwoch, 13. Januar 2016

Das gemeine Bewusstsein ist das des Handelns und der Erfahrung; die Spekulation abstrahiert davon.



Den Gesichtspunkt des Individuums kann man den gemeinen nennen, oder den der Erfahrung. Wird er gene-tisch angesehen a priori, wenn man auf ihn kommt, so findet sich, dass man durch das Handeln auf ihn kom-me, er heißt daher der praktische. Alle philosophische Spekulation ist nur möglich, in wie fern abstrahiert wird (im Handeln findet keine Abstraktion statt), und heißt darum der ideale Gesichtspunkt. Der praktische Ge-sichtspunkt steht unter dem idealen.

Wenn der Philosoph auf dem praktischen Gesichtspunkt steht, so handelt er wie jedes andere Vernunftwesen, und wird nicht durch Zweifel gestört, weil er weiß, wie er auf diesen Standpunkt kommt. Die Spekulation kann nur den stören, der erst angefangen hat zu spekulieren, aber noch nicht im Reinen ist; dem kritischen Philoso-phen kann so etwas nicht einfallen, weil die Resultate der Erfahrung und der Spekulation immer zusammentref-fen. 

Es gehört aber Festigkeit dazu, sich von dem einen Gesichtspunkt auf den andern zu setzen; hierin fehlt oft der Anfänger, der durch realistische Zweifel in der Spekulation gestört wird, der wird auch im Handeln durch ideali-stische gestört.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 25



Nota. - Während des Handelns reflektieren: das kann sich nur leisten, wer den ständigen Perspektivwechsel gewöhnt ist; wer etwa das Denken berufsmäßig treibt. Alle andern sollten beherzigen: Alles zu seiner Zeit!
JE



[Ende der Zweiten Einleitung]






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