Dienstag, 3. Juli 2018

Der Philosoph fängt immer in der Mitte an.

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Subjektiv betrachtet, fängt die Philosophie doch immer in der Mitte an, wie das epische Gedicht. 
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Friedrich Schlegel, Athenaeum, Ersten Bandes Zweytes Stück. Berlin 1798 

 
Ein hübscher Aphorismus zum Thema philosophischer Systematik. 

Jeder Philosoph fängt mit seinem Philosophieren irgendwo mittendrin an. Ganz einfach, weil er vor dem Ent- schluss zu philosophieren schon allerlei gewusst und seinem gesunden Menschenverstand unterzogen haben muss. Das nimmt er naiv als Startkapital und fängt an zu wirtschaften. Erst nachträglich, in dem Maße nämlich, wie er auf unerwartete gedankliche Probleme stößt, denkt er daran, sein Kapital zu inventarisieren – ob es wirk- lich so reichlich war, wie er dachte, und wie große Risiken er sich damit leisten kann. Das ist Meta philosophie, und obwohl sie logisch an den Anfang gehörte, kommt sie immer erst hinterdrein.

Und dann, wenn er sich fragt, welches Risiko seinen Einsatz wert ist, taucht erstmals in klarer Kontur die Frage auf, worauf er überhaupt hinauswill. Und siehe da, das praktische Problem verhält sich auf einmal zum metaphilo- sophischen wie Kopf und Zahl. Unmöglich zu sagen, welches den Vorrang hat. Und nun erscheint auch all das, was er bisher schon geschafft hatte, geschafft zu haben meinte, als der theoretische Teil eines aufzustellenden Sys- tems. Der hängt jetzt aber in der Luft, nämlich mitten zwischen den komplementären Vorbehalten des prakti- schen und des metaphilosophischen Teils. Eine Generalrevision ist nötig; eine Kritik des theoretischen Teils. Und wenn man schonmal so weit ist, wird sich in der Durchführung der Kritik erweisen, dass recht eigentlich sie selber den theoretischen Teil ausmacht!

Nun aber erscheint sie als das Hauptstück, plat de résistance, des ganzen Systems. Weil nämlich nur durch sie Meta- philosophie und praktische Philosophie zusammengeführt werden konnten. Der praktische alias Meta-Teil ist zwar der, auf den es am Ende ankommt. Aber möglich wurde er erst durch die Kritik, als deren Klammer.

9. 9. 2014


Wieso ich diesen Eintrag heute erneut poste? Weil ich vorher die ganze WL nova methodo wiedergegeben  und den Anfang der Grundlage gleich nachgetragen habe. Schließlich habe ich, um den Unterschied zu verdeutlichen, den Anfang des 'neuen' Vortrags der WL, wie Fichte ihn im Philosophischen Journal  vorgestellt hat, dazugetan. Es fällt auf: Die erste Darstellung in der Grundlage fängt in der Tat "mittendrin" an. Begriffe und Verfahren werden so benutzt, als sei deren Geltung längst festgestellt; wie und von wem wird nicht erörtert. 

Wie ein System dargestellt wird, ist aber nicht ohne Inzidenz darauf, was für ein System es ist. Hierauf will ich hinaus: Fichte ist tatsächlich erst mit der 'neuen Darstellung' von einer logischen zu einer genetischen Darstel- lung übergegangen, und das heißt: von einer Kostruktion aus Begriffen zu einer Entwicklung aus Vorstellun- gen. Bemerkenswert, dass er diesen Unterschied nur gelegentlich und nebenbei erwähnt, nie aber thematisch. Nie spricht er aber auch aus, dass er nicht, wie heute weitgehend angenommen, eine 'Bewusstseinsphilosophie' verfasst hat, sondern in specie eine Definition der Vernünftigkeit. Natürlich spricht er es nicht aus, denn Kritik der Vernunft war der zweck der Kantschen Philosophie, und dass er diese radikalisieren und vollenden musste, war ihm noch ganz selbstverständlich.

25. 7. 17 


Nach der WL nova methodo und den Rückerinnerungen hat Fichte die Transzendentalphilosophie zugunsten einer Glaubensphilosophie aufgegeben. Beide Texte zusammen liegen uns vor als 'Wissenschaftslehre letzter Hand'. Sie aneinander zu vervollständigen und methodologisch im Detail mit der Grundlage zu vergleichen wäre philolo- gisch der nächste Schritt.

Die philosophische Aufgabe wäre, die beiden Enden zu verbinden. Es hat sich gezeigt, dass an beiden Enden ein Absolutes liegt. Am unteren Ende das Vermögen des absoluten Anfangens, am oberen ewig unerreichten Ende das Absolute als unendliche Aufgabe dazwischeh nichts als bestimmen. Diesen Gang nennt Fichte den genetischen.


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