Montag, 9. Juli 2018

Die Wissenschaftslehre demonstriert, wie aus meiner Welt unsere Welt hervorgeht.

bilder-t.online

Unlängst schrieb ich, die Unterscheidung von meiner Welt und unserer Welt gehöre zur Transzendentalphilo- sophie als ihre Grenze. 

Das war ebenso zaghaft wie voreilig. Meine Welt gehört selber und ganz und gar in die Transzendentalphiloso- phie.

*

Das von der Einbildungskraft Hervorgebrachte, von der Vorstellung Angeschaute, im Begriff Gemeinte ist Bild.

Als Bild ist es nicht von unserer Welt. An ihm werde ich nicht wir-Vernunftwesen, sondern Ich. Das ist meine Welt. Vernunft und unsere Welt beginnen da, wo das Gemeinte vergemeinschaftet, nämlich mitgeteilt werden kann. Das kann erst im Begriff geschehen. Im Begriff im weitesten Sinn, von System und systematischer Veror- tung ist noch nicht die Rede, aber von Symbolisierung immerhin.

Das Symbol ist selber 'auch ein Bild', aber das Bild von einem Bild; ein vorgegebenes Schema, das der Meinende nach einvernehmlichem Verfahren zu füllen hat – mit dem nun mutmaßlich miteinander-geteilten Bild. Wenn ich sage rot, darf ich annehmen, dass mein Zuhörer dieselbe Vorstellung in sich hervorbringt, die ich hervor- gebracht habe, als ich rot dachte. Annehmen darf ich es, weil die Erfahrung lehrt, dass wir uns auch sonst ver- ständigen können; warum also nicht dieses Mal? Aber ob oder ob nicht, kann ich nicht wissen, und den andern zum richtig-Vorstellen zwingen kann ich schon gar nicht; denn ich kann es ja nicht überprüfen.

Einbilden, anschauen und vorstellen liegen in meiner Welt. Unsere Welt beginnt erst bei den Begriffen. Dass sie in der Sprache der Begriffe zu mir reden, macht die 'Aufforderung' der 'vernünftigen Wesen' aus, die mich allein erst zur Vernünftigkeit veranlasst. Denn wozu könnte ich sie ohne jene gebrauchen?


28. 5. 15


Nachtrag. Unsere Welt ist zweifellos eine, die sich in Begriffen darstellen lässt. Doch von der handelt die Wissen- schaftslehre gar nicht. Das Wissen, das sie begründet, soll sich in unserer Welt bewähren können, ja ja. Aber genetisch liegt es unter ihr; nämlich ihr zu Grunde. Solange es nicht im Begriff bestimmt, sistiert und konser- viert ist, lässt es sich nicht mitteilen; wie also könnte es Unseres werden?

Gewissermaßen ist, was ich als meine Welt bezeichnet habe, das ureigne Feld der Wissenschaftslehre. Zu allem, was sie genetisch konstruiert, sollte sich in 'meiner' Welt etwas anschaulich Entsprechendes finden lassen;* was allerdings methodologisch unerheblich bliebe, weil es sich eben nicht... mitteilen oder gar überprüfen lässt.

Mitteilen, nämlich in Merkmale zerlegen und sie diskursiv nach geprüften Schlussregeln an einander knüpfen, lässt es sich nicht. Aber womöglich in Bildern zeigen. Das wird man Kunst nennen. Wohl mag es vorkommen, dass sich einer von diesem oder jenem Bild an eine Denkfigur der Wissenschaftslehre gemahnt fühlt. Aber er wird es für sich behalten müssen, denn Anschauliches lässt sich nur analog wiedergeben und nicht digital. 

Anders gesagt - in Sachen von Kunst und Ästhetik sind Worte überhaupt nur metaphorisch brauchbar.

*) Nicht andersrum. Nur was sich in 'meiner' Welt als ein Schritt auf dem Wege zur Vernunft erweist, findet in der Wissenschaftslehre Beachtuung. Was aus meiner Welt nicht auf den Weg zur Vernunft führt, gelangt auch nicht in unsere Welt.



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