Courbet, Holzfäller
Wessen sind wir uns denn eigentlich
bewusst, wenn wir uns unseres Wirkens in der Sinnenwelt bewusst zu sein
glauben? Was kann in diesem unmittelbaren Bewusstsein liegen, und was
kann nicht in ihm liegen? - Wir sind uns unmittelbar bewusst unseres
Begriffes vom Zwecke, des eigentlichen Wollens; einer absoluten
Selbstbe- stimmung, wodurch gleichsam das ganze Gemüt auf einen einzigen
Punkt zusammengefasst wird. Wir werden uns ferner unmittelbar bewusst
der Realität und wirklichen Empfindung des vorher nur im Zweckbegriffe
ge- dachten Objektes, als eines in der Sinnenwelt wirklich gegebenen.
Es dürfte jemand vorläufig einwenden: auch der Arbeit
des Hervorbringens, die zwischen dem Entschluss des Willens und seiner
Realisation in der Sinnenwelt in die Mitte fällt, sind wir uns bewusst.
Ich antworte: dies ist kein besonderes Bewusstsein, sondern lediglich
das schon angezeigte allmähliche Bewusstsein unserer Befrie- digung. Von
der Fassung des Entschlusses geht diese an und sukzessiv fort, indem das
Wollen sukzessiv fort- gesetzt wird, bis zur vollständigen
Ausführung unseres Zweckbegriffs. Also - dieses Bewusstsein ist nur die
syn- thetische Vereinigung der aufgezeigten beiden Arten des Bewusstseins,
des Wollens und des Gewollten, als eines wirklichen.
Keinesweges bewusst sind wir uns des Zusammenhanges zwischen unserem Wollen und der Empfindung der Realität des Gewollten. ... /...
Was ich wollte, ist, wenn es wirklich wird, Objekt einer Empfindung. Es muss sonach ein bestimmtes Gefühl vor- handen sein, zufolge dessen es gesetzt wird, da alle Realität für mich nur unter dieser Bedingung stattfindet. Mein Wollen wäre
sonach in diesem Falle von einem auf das Gewollte sich beziehenden
Gefühle begleitet; durch welche Ansicht wir soviel gewinnen, dass die
Sphäre unserer Untersuchung legiglich in das Ich fällt; wir nur von dem
zu reden haben, was in uns vorgeht, keinesweges von dem, was außer uns
vorgehen soll.
Gefühl ist immer Ausdruck unserer Begrenztheit; so auch hier. Nun ist in unserem Falle insbesondere ein Über- gang von einem Gefühl, bezogen auf das Objekt, wie es /
ohne unser Zutun sein sollte, zu einem anderen Ge- fühle, bezogen auf
dasselbe Objekt, wie es durch unsere Wirksamkeit modifiziert sein soll.
Es ist sonach, da das letztere Produkt unserer Freiheit sein soll, ein
Übergang aus einem begrenzten zu einem minder begrenzten Zustande.
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System der Sitttenlehre, SW IV, S. 70ff.
Nota II. -
Nur der Zweck kommt hier als Bestimmungsgrund der Arbeit in Betracht, nicht die verausgabte Kraft oder gar die erlittene Mühsal. Die Kraft, die die Beschaffenheit des Gegenstandes durchaus nicht dem beab- sichtigten Zweck angenähert hat, ist vergeudet. Als Arbeit gilt sie jedenfalls nicht. Kriterium, ob der Zweck er- reicht ist oder nicht, ist immer nur das Gefühl, die sinnliche Wahrnehmung, denn es betrifft die materielle Be- schaffenheit. Das Gefühl bezieht sich auf die Warhnehmung vorher und nachher, und dieses ist anders als jenes. Am 'Gefühl' vom erfüllten Zweck ist nichts Spirituelles.
11. 7. 18
Nota I. - Es ist hier von der wirklichen, prosaischen, produktiven Arbeit die Rede. Wenn er aber einerseits alles Wirken nach Zweckbegriff, alle Zwecke dann mit der Pflicht, und die ("annäherungsweise") Erfüllung der Pflicht schließlich mit der produktiven Arbeit in
Zusammenhang bringt, kann nicht ausbleiben, dass er hinter- her
Sittlichkeit, die ich mir selbst gebiete, und gesellschaftliche
Verantwortung, die mir das Vertragsverhältnis gebietet, mit einander
vermengt findet. Er hat den 'Vernunftzweck' einer nicht nur rechtlichen,
sondern gerech- ten Gesellschaftsverfassung als ein Ideal über mein Gewissen gestülpt und beides zu einem Sittengesetz ver- mengt, das er dann auch noch göttlich aufgeladen hat.
Mögen sie ihm nachgesagt haben, er sei Atheist gewesen - aber Lutheraner war er auf jeden Fall...
29. 9. 14
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