Sonntag, 23. Dezember 2018

Aus dem Wirken entsteht die Zeit.


Endlich - das Vernunftwesen kann sich nicht wirkend setzen, ohne sich zugleich vorstellend zu setzen, es kann sich nicht setzen als wirkend auf ein bestimmtes Objekt, ohne dieses Objekt immerfort vorzustellen; es kann keine bestimmte Wirkung als vollendet setzen, ohne das Objekt, auf die sie gegangen, zu setzen. Nämlich da das Objekte gesetzt wird als die Wirksamkeit vernichtend, aber die Wirksankeit doch neben dem Objekt beste- hen soll, so entsteht / hier ein Widerstreit, der sich nur durch ein Schweben der Einbildungskraft, wodurch die Zeit entsteht,* vermitteln.

Die Wirksamkeit auf das Objekt geschieht daher sukzessiv in der Zeit. Wird nun auf ein und dasselbe Objekt gewirkt und sonach die Wirksamkeit in jedem gegenwärtigen Moment betrachtet als bedingt von den vorherge- henden, und mittelbar durch die in allen vorhergehenden: so wirdd der Zustand des Objekts in jedem Moment ebenfalls betrachtet als bedingt durch den in allen vorhergehenden Momenten, von der ersten Erkenntnis des Objekts an; und so bleibt das Objekt dasselbe, unerachtet es unaufhörlich verändert wird; nämlich als das durch die Einbildungskraft hervorgebrachte Substrat, um in demselben das Mannigfaltige zu verknüpfen, die Unterla- ge der unaufhörlich sich ausschließenden Akzidenzrn, welche man den bloßen Stoff nennt, bleibt dieselbe.

*) Man kann hierüber nachlesen Jacobi, Gespräch über Idealismus und Realismus, wo einleuchtend nachgewiesen wird, dass Zeitvorstellungen, die an sich dem reinen Begriff der Kausalität widersprechen, nur aus der Vor-stellung unserer eigenen Wirksamkeit auf die Dinge übertragen werden.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, 
SW Bd. III, S. 28f.  



Nota. - Hume war aufgefallen, dass aus der Erfahrung immer nur ein vorher/nachher kommt, aber nie ein weil/darum. Damit hat er Kant ein Licht aufgesteckt. Doch dass eben die Zeit bei der Kausalität der springende Punkt ist, hat jener nicht bemerkt. 

Nietzsche dagegen hat die Analogie zum menschlichen Tätigsein bemerkt: "Ich bemerke etwas und suche nach einem Grund dafür: das heißt ursprünglich: ich suche nach einer Absicht darin und vor allem nach einem, der Ab- sicht hat, nach einem Subjekt, einem Täter: alles Geschehen ein Tun – ehemals sah man in allem Geschehen Ab- sichten, dies ist unsere älteste Gewohnheit. – Die Frage »warum?« ist immer die Frage nach der causa finalis, nach einem »Wozu?«" Aus dem Nachlass, [550] 

Doch so kritisch er auch war: Nach der Zeit hat er nicht weiter gefragt. 

Fichte dagegen trennt die Vorstellung vorher/nachher von der Vorstellung der Dauer. In der eigentlichen Kausal- vorstellung wenn/dann ist ein Verlaufen der Zeit gerade nicht gemeint. Das wäre der 'Ort', wo eine reale Wir- kung geschieht. Die Kausalität, vorgestellt als irdische Erscheinung der rein logischen Folgerichtigkeit (Dependenz, sagt Fichte), hat dagegen keine Dauer, denn sie ist jenseits von Raum und Zeit.

Vorstellen können auch wir die logische Wirksamkeit nur in der Zeit, auch das wenn/dann; doch nur, weil wir die eine Bestimmung nicht zugleich mit der andern Bestimmung treffen können, sondern die eine immer nur im Un- terschied zu der andern: nach der andern. Doch eben darum können wir auch nachträglich wieder davon abstra- hieren: im Denken, durch den Begriff, denn der ist außerhalb der Zeit.

Die durch den Begriff gegebene Möglichkeit, logische Folgerichtigkeit mit reeller Wirksamkeit gleichzusetzen, ist der Urgrund aller metaphysischen Versuchung und allen Dogmatismus' des ansonsten so nüchternen gesunden Menschenverstands
JE

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