Samstag, 1. August 2015

Die Vernunft hat nur ein Interesse: das an Selbstständigkeit und Freiheit.


Apoxyomenos

Der Dogmatismus ist transzendent, überfliegend, aus dem Bewusstsein herausgehend; der Idealismus ist transzen- dental, er bleibt innerhalb des Bewusstseins, zeigt aber, wie ein Herausgehen möglich ist, oder: wie wir zu der Annahme kommen, dass den Vorstellungen Dinge außer uns entsprechen. Ob man es nun dabei bewenden lassen werde oder nicht, kommt auf die innere Denkart und den Glauben an sich [selbst] an, wer den hat, der kann Dogmatismus und Fatalismus nicht annehmen.

Das ist das, was bei Kant oft vorkommt unter dem Namen: Interesse der Vernunft. Kant spricht von einem Interesse der spekulativen und von einem Interesse der praktischen Vernunft und setzt beide entgegen. Dies ist nur auf seinem Gesichtspunkt richtig, aber nicht an sich, denn die Vernunft ist immer nur eine und hat nur ein Interesse. Ihr Interesse ist der Glaube an Selbstständigkeit und Freiheit, aus diesem folgt das Interesse für Ein- heit und Zusammenhang; dies könnte man das Interesse der spekulativen Vernunft nennen, weil das Ganze auf einen Grund gebaut und damit zusammenhängen soll. 

Mit diesem Interesse verträgt sich der Idealismus besser als der Dogmatismus.
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Wissenschaftslehre nova methodo, II. Einleitung, Hamburg 1982, S. 17


Nota. - Zweck der Vernunft sind Selbsbständigkeit und Freiheit und nicht die Erfüllung eines vorbestimmten Programms. Er kann ihr nur immanent und transzendental sein, aber nicht transzendent.
JE


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