Freitag, 27. Januar 2017

Wie kann das Gefühl sinnlich sein, wenn es aus der Reflexion stammt?



Wir haben jetzt das Gefühl selbst erklärt und abgeleitet, haben wieder das Gefühl postuliert als Bedingung des Bewusstseins. Es wäre ein unerklärliches Erstes, aber dadurch könnte ein Dogmatismus veranlasst werden, denn man könnte über diese Grenze noch denken, und dann würde man das Gefühl erklären //166// wollen durch Dinge, die das Gefühl affizieren sollen, und dadurch würde das Ich selbst Ding. 

§ 14.

Der reine Wille ist unmittelbares Objekt alles Bewusstseins und aller Reflexion (§ 13); aber die Reflexion ist diskursiv; er, der reine Wille, müsste sonach ein Mannigfaltiges sein. Dies ist er ursprünglich nicht, sondern wird es erst durch Beziehung auf seine Beschränktheit, wodurch er Wille wird, in der Reflexion selbst, welche absolut frei ist, und deren Freiheit und ganzes Wesen überhaupt in dieser Beziehung besteht, teils dass sie überhaupt geschehe, teils dass sie so oder anders geschehe. Diese Reflexion erscheint als ein Wollen, in wiefern sie selbst bloß gedacht, und als ein Tun, in wiefern sie angeschaut wird. Und sie ist der Grund alles empirischen Bewusstseins.

Im einzelnen Akte derselben erblickt das Vernunftwesen sich in doppelter Rücksicht, teils als beschränkt, teils als handelnd in der Beschreibung der Beschränkung; das erste äußerlich, das letzte innerlich, und dadurch schreibt es sich zu ein Organ überhaupt, und dieses als innerliches und äußerliches. Die Beziehung der Beschränktheit auf die Reflexion ist das Gefühl. Das Beschränkende ist nur für die ideale Tätigkeit im Denken der realen, und so ist die unmittelbare Vereinigung der Erkenntnis des Objekts mit dem Willen erklärt.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 165f.
 



Nota. - Das ist wahr: Bisher erschien das Gefühl als ein "unerklärliches Erstes"; wahr ist aber auch, dass nichts mich daran hindert, nach seiner Ursache dennoch zu fragen: Die Unerklärlichkeit wäre bloße Behauptung, so dogmatisch wie die Rückführung des Gefühls auf  'Dinge', wodurch unter der Hand das fühlende Ich selber zu einem Ding unter anderen würde.

Löst die folgenden Zusammenfassung des § 14 diese Schwierigkeit auf? 

Die Aufgabe ist: Wenn das Gefühl etwas Wirkliches sein soll, muss es durch ein Wirkliches veranlasst sein: etwas, das in Raum und Zeit vorkommt; etwas, das wir gewöhnlich ein 'Ding' nennen; es soll aber nicht aus einer Wirkung des Dinges hervorgehen, sondern aus einer Tätigkeit des Ich; einer realen, auf welche die ideale reflektiert. Dann ist das Ich, das da real und ideal tätig war, die Substanz, das Ding bleibt Akzidens. Und das Gefühl ist erst 'es selbst' durch die ideale Tätigkeit = Reflexion. Der Vermittlungspunkt wäre die Vorstellung von einem Organ.

Ist es das, was man aus der Zusammenfassung von § 14 herauslesen kann? Oder müsste man es gewaltsam hineinlesen?
JE



 

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