Ich finde mich beschränkt im Gefühle, aber ich kann nicht fühlen, ohne anzuschauen, und unmittelbar für die Anschauung ist das Objekt da. Hinterher kommen dergleichen Bestimmungen vor, dass das Objekt betrachtet wird als etwas auf uns Einfließendes; aber diese Bestimmungen kommen erst vor, wenn das Objekt schon da ist.
Das Etwas, welches dem Anschauenden vorschwebt, ist hier weder Bild noch Dinge, es ist ohne alle Beziehung auf uns. Weder Bild noch Dinge, sondern beides, es wird nachher in beide geschieden, es ist der Urstoff für beide, das unbegreifliche Etwas ohne Beziehung auf uns. Auch im gemeinen Bewusstsein behaupten wir, dass die Dinge unmittelbar da sind.
Wir können hier die Anschauung noch nicht weiter charakterisieren, als dass sie sei etwas dem Ich Vorschwe- bendes und insofern NichtIch, wenn es nämlich auf das Anschauende bezogen werden könnte, nicht aber auf das ganze Ich, dass sie sei //84// etwas positiv Haltendes, dass ihr der Charakter des Seins zukomme, indem sie die gesamte Tätigkeit des Ich zur idealen macht.
Das Objekt wird nicht gefühlt, es ist bloß, indem ich anschauend bin, und im Anschauen fühle ich mich.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 83f.
Nota I. - Da fällt mir zweierlei ein: zuerst Schillers ästhetischer Zustand, und dann, dass seit Plato das Staunen als Anfang der Philosophie gilt.
19. 9. 16
Nota II. - Das Staunen triff zu, aber der ästhetische Zustand nicht mehr. Denn aus dem Staunen vor dem Einen Ganzen wird sogleich die Suche nach den Merkmalen und das Unterscheiden von Mannigfaltigem an ihm. Würde sich das ursprüngliche Staunen der Nachfrage enthalten und auf das Bestimmen der Merkmale verzich- ten können und in bloßem Anschauen verharren, möchte ein ästhetisches Mit-Schweben dabei herauskommen. Aber das Staunen kann sich des Bestimmenwollens nicht enthalten, nicht gattungs- und nicht individualge- schichtlich, es muss fixieren und diffenrenzieren.
Ob es, nachdem es mit dem Reflektieren begonnen hat, rückblickend davon absehen und auf jedes Verhältnis der Mannigfaltigen verzichten kann, ist eine Frage der Kultur. Ästhetische Betrachtung muss ein Individuum in seiner gesellschaftlichen Situation sich erst einmal leisten können. Es braucht Muße und darf sich nicht von der Sorge ums täglich Brot getrieben fühlen. Das dürfte in den zwei Millionen Jahren, die unsere Vorfahren als Jä- ger und Sammler zugebracht haben, häufiger vorgekommen sein als in den zehntausend Jahren Arbeitsgesell- schaft, die eben hinter uns liegen.
Indessen liegt uns heute eine Fülle von Reflektiertem und Bestimmten vor Augen, von der wir absichtlich ab- sehen können, die unser Vorfahren nicht ahnten. Wir müssen uns nicht begnügen, das Ganze (die Ganzen!) lediglich anzustaunen, wir haben die Möglichkeit, jeweils Ganze im Verhältnis, als Verhältnis ihrer inneren Dif- ferenzierung anzuschauen - schwebend, als Rhythmus und als Proportion, als Gestalt; und nicht, wie im werktäti- gen Leben, als Funktion zu berechnen.
JE
Nota - Das
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