Montag, 1. Oktober 2018

Schema allen Bestimmens ist das Selbstbestimmen.

  M. Ernst
 
Im ganzen Bewusstsein komme ich nur immer vor als Vermögen. Wir wollten das Bewusstsein der Agilität des Ich ableiten nicht als etwas, das geschehen ist, sondern als etwas unmittelbar Geschehendes. Oben argumen- tierten wir so: Ich finde meine eigene physische Kraft als bewegt; durch sie hindurch erblicke ich ein Objekt als Resultat meiner Kausalität; aber wie wird die physische Kraft die meinige? 

Ich beziehe diese Bestimmtheit derselben auf mein Selbstbestimmen, welches ich voraussetze als Erklärungs- grund. Demnach entsteht die höhere Frage: Wie werde ich mir meines Selbstbestimmens bewusst? Dies haben wir zuletzt erörtert.
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Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 205


Nota. - Hier geht es nicht darum, wo das Ich tatsächlich herkam. Hier geht es darum, wie es - seiner selbst - zu Bewusstsein kommt. Ist das Bewusstsein gegeben, so kann es sich rückblickend nur als Vermögen erkennen: näm- lich als noch-nicht-bestimmt, als Abstraktion; ein bloßes Schema. Da es sich jetzt in concreto aber als bestimmt vorfindet, muss es ein Tätiges annehmen, das es so bestimmt hat. 

Hier tritt ein Sprung ein: Das Subjekt der Darstellung wechselt. Anders gesagt: Aus der Meta-Ebene, wo der Transzendentalphilosoph berichtet von den Handlungen des Ich, kehren wir zurück auf die Objekt-Ebene, und das Ich betritt in seiner Rohform: als Einbildungskraft selbst die Szene und erkennt sich wieder als etwas "unmittelbar Ge- schehendes"; erkennt sich gewissermaßen wieder in ihrem Schweben.

'Wie ich mir meines Selbstbestimmens bewusst werde', würde man gewiss auch auf wissenschaftlich sauberere Art darstellen können. Doch auf die Darstellung kommt es gar nicht so an, sondern auf das, was gemeint ist. Und da ist diese romantische Auffassung eindrücklicher als alle dialektische Spitzfindigkeit.
JE





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