Durch diese äußerste Hülflosigkeit ist der Mensch an sich selbst und zuvörderst die Gattung an die Gattung gewiesen. Wie der Baum durch das Abwerfen der Frucht seine Gattung erhält, so erhält der Mensch, durch Pflege und Erziehung der Hülflosgeborenen, sich selbst, als Gattung. So producirt die Vernunft sich selbst, und so nur ist der Fortschritt derselben zur Vervollkommnung möglich. So werden die Glieder aneinander gehängt, und jedes künftige erhält den Geisteserwerb aller vorhergegangenen.
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Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre [1796] SW. Bd. III, S. 82
Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre [1796] SW. Bd. III, S. 82
Nota. - Vernunft ist die Kompensation der erworbenen Mangelhaftigkeit.
26. 11. 13
Nota II. - An eine der Vernünftigkeit der vernünftigen Wesen vorangehende Venunft ist hier nich nicht gedacht. So wie der einzelne Mensch, ist auch die Gattung an sich selbst verwiesen. Vernunft produziert sich selbst - "so werden die Glieder aneinander gehängt, und jedes künftige erhält den Geisteserwerb aller vorhergegangenen." Soll also Vernunft - als ruhend vorgestellt, was doch wirklich agile Vernünftigkeit ist - etwas sein, so muss es als ein solches im Verlauf des Aneinanderhängens neu Entstandenes sein. Die Menge tut's? Das kann nicht sein. "Wo nichts ist, kann nichts werden", wird er später sagen.
An dieser Stelle kann man erst sagen: Wenn's nicht aus der Addition Gleichartiger erwächst, dann kann es nur aus dem wechselseitigen Einwirken aller auf einander stammen. Es ist die neue qualitas des prozedierenden Über- einstimmens selbst.
JE