Mittwoch, 2. November 2016

Bemerkungen über den Raum (Bestimmen ist Formgeben).



Anmerkungen. Man hat gesagt:

1) Der Raum ist a priori, dies kann zweierlei bedeuten; teils lediglich durch das Vernunftgesetz, in dieser Rück- sicht ist alles a priori außer das Gefühl und dessen Prädikate, teils ein vor aller Anschauung Gegebenes, ein bloß Bestimmbares, etwas, das die Anschauung erst möglich macht.

Beide Bedeutungen sind wohl zu vereinigen, Kant steht auf dem letzten Punkt. Der Raum geht nach ihm vor aller Erfahrung vorher, er ist die Bedingung derselben.

Auf den ersten Punkt hat sich neuerlich Herr Prof. Beck gestellt, er ist der, auf dem die erste Bearbeitung der Wissenschasftslehre steht.

Es ist sonderbar, dass sich über den Raum neuerlich ein solcher Streit erhoben hat wie über das Ding, ob das Ding gegeben oder hervorgebracht sei. Beide Parteien haben Recht, es ist bestimmbar und insofern gegeben; es ist durch die Gesetze der Vernunft notwendig und insofern hervorgebracht.

2) Der Raum ist die Form der äußeren Anschauung (a priori). Wie wir die Sache ansehen, würde das Bestimmbare bei aller Anschauung Form heißen; das, was, wenn eine Anschauung gesetzt wird, konstruiert [wird]. Sonach wäre das Bestimmbare der außeren Anschauung die Form derselben. Wenn angeschaut wird, so wird der Raum angeschaut; dieser wird in der Anschauung gebildet, formiert, er formiert nicht.

Das, was gesetzt wird als geschehen könnend oder nicht, als das, was angewandt werden kann oder nicht, erscheint (weil //112// es für uns sein muss, um etwas von ihm konstruieren zu können), als ein Gegebenes nach A (vide supra); es ist der Raum, aber nach B muss er auch erscheinen als ein Bestimmbares, von der Freiheit Abhängendes. Also der Raum würde erscheinen als etwas mit dem Objekte zu Vereinigendes und auch nicht, denn nur in sofern erscheint jenes Bestimmbare nur [sic] als Bestimmbares, als etwas von der Freiheit Anhängiges. Ich kann das Objekt in diesen Raum hineinsetzen oder auch nicht, ich kann dieses Objekt hineinsetzen oder auch ein anderes; darin besteht die Freiheit des Denkens und Begreifens. Jenes Etwas ist bloß etwas Bestimmbares, also jene Synthesis muss gesetzt werden als abhängig von der Freiheit, als geschehen könnend oder auch nicht.
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Wissenschaftslehre nova methodo,
 Hamburg 1982, S. 111f.



 Nota. - Sachlich neu: Was an der Anschauung (=die ideale Tätigkeit, die auf das Gefühl geht, welches durch den Widerstand gegen die reale Tätigkeit hervorgebracht wurde) bestimmbar ist, ist ihre Form (das Was ist gegeben als Gefühl). Bestimmen ist Formgeben.
JE


 

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