Freitag, 25. November 2016

Wollen und wünschen.


 
2) Um den Begriff des Wollens noch klarer zu machen, wollen wir ihn mit dem Begriffe des Wunsches verglei- chen und den Unterschied aufzeugen. Zuförderst: Durch den Willen soll etwas realisiert werden können, durch den Wunsch aber nicht. Nun kann das Gewünschte und das Wünschen von zweierlei Art sein: Entweder man sieht ein, dass das Gewünschte nicht von uns abhänge, wenn man es auch wollte, oder dass es von uns abhän- ge, man wollle sich aber nicht die Mühe geben, es zu realisieren. Diese letzte Art von Wünschen ist die Stim- mung vieler Menschen, die nie im Ernste wollen, sondern es beim Wünschen bewenden lassen. Dieses ohn- mächtige Wünschen wird oft mit dem Wollen verwechselt, und daher verkennt man die hohe Macht des Wollens erst ganz.

Mit dieser Art des Wünschens haben wir es allein hier zu tun. Es ist etwas Bestimmtes, von allen Entgegeng- esetzten Verschiedenes. Mein Wollen schwebt nicht mehr, wie beim Deliberieren, über Entgegengesetzten; der Wunsch hält sein Objekt fest, es fehlt ihm bloß die Form des Wollens. Die Materie ist da, man will sich aber nur nicht dazu entschließen.

//126// Auch wird beim Wunsch das Objekt gefordert, nur wird es nicht unbedingt gefordert. Der Wunsch geht nicht bloß auf das Objekt des Wollens, das realisiert werden soll, sondern auch auf ein andres, das wegfallen soll.

Beim Wollen abstrahiere ich schlechthin von allem außer dem Gewollten, alles andere gebe ich auf; beim Wünschen ist noch immer etws, das mich zuurückhält, Furcht von Anstrengung, Folgen etc. Das Wollen ist Konzentration des ganzen Menschen mit seinem ganzen Vermögen auf einen Punkt. Das richtige Bild davon ist der Akt der angestrengten Aufmerksamkeit. 

(Es gibt viele, die mit offenen Augen träumen, mit ihren Gedanken regellos herumschweifen, von einem aufs andere kommen. Soll etwas Gutes und Rechtes werden, so muss man bestimmt eins nach dem andren denken und alles miteinander verknüpfen.)
________________________________________________
Wissenschaftslehre nova methodo, Hamburg 1982, S. 125f.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen