Sonntag, 20. Januar 2019

Ehe von etwas abstrahiert werden kann, muss es gesetzt sein.


Die Aufgabe war, zu zeigen, wie das Selbstbewusstsein möglich sei. Wir haben darauf geantwortet: Das Selbst- bewusstsein ist möglich, wenn das vernünftige Wesen in einem und demselben ungeteilten Moment sich eine Wirksankeit zuschreiben und dieser Wirksamkeit etwas entgegensetzen kann. Man setze, dass dies geschehe im Momente Z. /

Jetzt wird weiter gefragt, unter welcher Bedingung dies soeben Geforderte möglich sei; und da ist denn sogleich klar, dass die zu setzenden Wirksamkeit nur in Beziehung auf irgend ein bestimmtes Objekt A, auf welches sie gehe, gesetzt werden kann. Man muss nicht sagen, es könne ja eine Wirksamkeit überhaupt, eine bloß mögliche Wirk- samkeit gesetzt werden; denn das wäre ein unbestimmtes Denken, und das Argumentieren aus Voraussetzungen überhaupt möge doch nunmehr der Philosophie genug geschadet haben. Eine bloß mögliche Wirksamkeit oder Wirksamkeit überhaupt wird gesetzt lediglich durch Abstraktion von einer gewissen oder von aller wirklichen.  

Aber ehe von etwas abtrahiert werden kann, muss es gesetzt sein, und es geht hier wie immer dem unbestimm- ten Begriffe des überhaupt eine bewtimmte Begriff von einem bestimmten wirklichen voraus, und der erstere ist durch den letzteren bedingt. -

Ebensowenig wolle man sagen, die Wirksamkeit könne gesetzt werden als gehend auf das im Momente Z zu setzende Objekt B, denn B wird gesetzt lediglich, in wiefern keine Wirksamkeit darauf geht. 

Demnach muss der Moment Z erklärt werden aus dem anderen Momente, in welchen das Objekt A gesetzt und begriffen worden sei. Aber A kann auch nur unter der Bedingung begriffen werden, unter welcher B be- griffen werden konnte; nämlich der Moment, in welchem es begriffen wird, ist auch nur möglich unter Bedin- gung eines vorhergehenden Moments, und so ins Unendliche. Wir finden keinen möglichen Punkt, in welchem wir den Faden des Selbstbewusstseins, durch den alles Bewusstsein erst möglich wird, anknüpfen könnten, und unsere Aufgabe ist sonach nicht gelöst.

Es ist um der ganzen Wissenschaft willen, die hier aufgestellt werden soll, wichtig, dass man sich eine deutliche Einsicht von dem soeben geführten Raisonnement verschaffe.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, 
SW Bd. III, S. 30f.
  



Nota. - Die allgemeineren Begriffe sind Abstraktionen von den besonderen Begriffen, und ganz am Anfang steht die Anschauung eines Singulums. "Es gibt" Begriffe überhaupt nicht. Sie müssen von jemandem gedacht, und das heißt: in Denkoperationen verwendet werden. Abstrahieren ist ein solche Operation.

Im wirklichen Denken geht das Bestimmte dem Unbestimmten voraus - nicht umgekehrt. In der logischen - und in diesem Fall auch der materiallogisch-genetischen - Betrachtung (in der Reflexion) stellt es sich freilich umgekehrt dar: Zuerst ist Bestimmbarkeit, der freie Akt des Bestimmens durch das Ich kommt erst hinzu. So aber nur für einen unbeteiligten Betrachter. Für das handelnde Ich ist es vielmehr so, dass die Unbestimmtheit zusammen mit der Bestimmtheit überhaupt erst entsteht im und durch den Akt seines Bestimmens. Das ist der Moment, in dem Alles entsteht, weil ein Ich entsteht.

Von allen Bestimmungen die allgemeinste ist Sein; so allgemein, dass von Begriff schon gar nicht mehr geredet werden kann: Es ist bloße Objektität, es ist alles, was einer Tätigkeit Widerstand leistet - und sei es, indem es sich meinem Bestimmenwollen entzieht. Das Nichts ist dagegen ein schierer Antibegriff. Es ist nicht einmal et- was, das sich dem Bestimmen entzieht; es ist für das Bestimmenwollen - vulgo Erkennen, Begreifen - schlicht und einfach nicht da; ja wo denn auch?
JE









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