Montag, 14. Januar 2019

Realität der synthetisierenden Spekulation.


Man dürfte nun fragen: Welche Realität soll denn nun jenen außerhalb des Umkreises alles Bewusstseins liegen- den und im Bewusstsein nicht gesetzten Handlungen zukommen, wenn nur dem Realität zukommt, was durch das Ich notwendig gesetzt wird? - 

Natürlich keine, außer wiefern es gesetzt wird, demnach lediglich eine Realität für den philosophierenden Ver- stand. Wenn man die Verrichtungen des menschlichen Geistes systematisch in einem letzen Grunde vereinigen wolle, müsse man dieses und jenes als Handlungen desselben annehmen; jedes vernünftige Wesen, das es versu- chen würde, werde in die diese Notwendigkeit versetzt werden. Dies und weiter nichts behauptet der Philosoph. Jene ursprünglichen Tathandlungen haben die gleiche Realität, welche die Kausalität der Dinge in der Sinnen- welt auf einander und ihre durchgängige Wechselwirkung hat.

Für jene Urvölker, von denen wir noch Denkmäler haben, die ihre Erfahrungen wenig vereinigten, sondern die einzelnen Wahrnehmungen zerstreut in ihrem Bewusstsein liegen ließen, war keine solche, wenigstens [keine] weit fortgehende, Kausalität noch Wechselwirkung. Fast alle Gegenstände der Sinnenwelt belebten sie und machten dieselben zu freien Ursachen, wie sie selbst waren. Ein solcher allgemeiner Zusammenhang hatte für sie nicht etwa keine Realität, sondern er war überhaupt nicht da für sie.

Wer aber seine Erfahrungen zur Einheit verknüpft - und die / Aufgabe liegt auf dem Weg der synthetisch fortschreitenden menschlichen Vernunft und musste über kurz oder lang aufgenommen und erfüllt werden -, der muss notwendig auf jene Weise verknüpfen, und für ihn hat der dadurch gegebene Zusammenhang des Ganzen Realität.
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Grundlage des Naturrechts nach Prinzipien der Wissenschaftslehre, 
SW Bd. III, S. 25f.



Nota. - Die Vorstellung von einem allgemeinen Zusammhang aller Handlungen der Vernunft gehört zu den not- wendigen, sobald man - aus Freiheit, versteht sich - danach fragt. Dann nämlich findet sich das individuelle Ich als eines in der Reihe vernünftiger Wesen, die es sich als ihm vorausgesetzt vorstellen muss. Und als eine Reihe sind sie alle idealiter ein Ich, das alle diese Handlungen selber erbracht hat. In diesem aber hängen sie (die Handlun- gen) als in ihrem Grund zusammen.

Niemand ist genötigt zu philosophieren. Wenn er sich aber einmal dazu entschließt, muss er es so machen.
JE





Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. 

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